Preußische Kriege
1866

 
 


 

Der Deutsch - Deutsche Krieg
von 1866

Fortsetzung


 
 


Zug auf Königgrätz

 
 

Wiederum traten die österreichischen Verbände einen schwierigen Nachtmarsch an, den sie im Laufe des 1. 7. in ihrer neuen Stellung hinter der Bistritza beendeten. Es gelang ihnen, sich unbemerkt vom Gegner zu lösen, so daß dieser erst am 1. 7. den Rückzug der Österreicher feststellte. Die preußische Kavallerie war nicht imstande, Richtung und Ziel des gegnerischen Rückzugs aufzuklären.

Da der österreichische Armeekommandant die geschwächte Kampfkraft seiner Truppen erkannte, telegrafierte er am 1. 7. nach Wien an den Kaiser und bat ihn dringend, Friedensverhandlungen einzuleiten, da sonst die vollständige Auflösung der Armee unvermeidlich sei. In Wien rief dieses Telegramm tiefe Bestürzung hervor. Kaiser Franz Joseph billigte einen weiteren Rückzug, der Hof ließ aber erkennen, daß er eine Schlacht erwartete. Immerhin wandte sich die österreichische Regierung sofort mit der Bitte an Napoleon III., zwischen Italien und Österreich zu vermitteln. Die freiwerdenden Kräfte sollten gegen Preußen eingesetzt werden. Benedek, der davon nicht unterrichtet wurde, befahl der Armee, die angewiesenen Stellungen zu beziehen und sie pioniermäßig zu verstärken. Allerdings war er noch zu keinem festen und klaren Entschluß gelangt.

Die preußische 2. Armee begann am 1. 7. mit dem Elbübergang, brach diesen jedoch ab, als die Marschsicherung den Abzug des Gegners feststellen mußte. Es gelang ihr nicht, Fühlung mit den abgezogenen Kräften herzustellen. Auch die preußische 1. Armee setzte ihren Vorstoß in Richtung Königgrätz am 1. 7. fort, während die Elbarmee ihre rechte Flanke sicherte. Jedoch auch diese preußischen Armeen verloren die Fühlung mit dem Gegner. Der Stab der 1. Armee glaubte ihn im Marsch auf Pardubitz und hielt es für notwendig, einen Halt einzulegen, um den Truppen Ruhe zu gönnen und neue Operationen einleiten zu können. Am 2. 7. stand die 1. Armee noch auf der Linie Miletin—Horschlitz_Dobes. Auch die 2. Armee verblieb in ihren Stellungen auf dem linken Elbufer, nachdem sie sich mit dem 1. Armeekorps bis nahe an die Straße Miletin—Gitschin vorgeschoben und mit der Vorhut des Gardekorps die Elbe bei Königinhof überschritten hatte.

Das Oberkommando der 2. Armee wurde aufgefordert, wenigstens mit einem Armeekorps gegen die rechte Flanke der Österreicher vorzugehen und so den beabsichtigten Angriff der 1. Armee zu unterstützen.karte9.jpg (21492 Byte)

Das preußische Hauptquartier griff, nachdem es von diesen Absichten unterrichtet worden war, in die operativen Vorbereitungen ein. Es erwartete jedoch keinen österreichischen Angriff, sondern eine Fortsetzung des gegnerischen Rückzugs über die Elbe. Es kam deshalb darauf an, den Gegner durch den Angriff der 1. Armee zum Stehenbleiben zu zwingen und die 2. Armee zu einem Flankenstoß anzusetzen. Sollte sich bewahrheiten, daß es sich um starke österreichische Kräfte handelte, so erhielt die preußische Heeresleitung die langersehnte Gelegenheit zu einer großen Schlacht Sie billigte deshalb die von dem Oberkommando der 1. Armee eingeleiteten Maßnahmen. Der 2. Armee wurde befohlen, am 3. 7. die rechte Flanke der österreichischen Aufstellung nicht nur mit einem Armeekorps, sondern mit allen Kräften anzugreifen. Die Elbarmee sollte unter Umgehung des linken österreichischen Flügels direkt auf Königgrätz vorstoßen und sich nicht auf ein frontales Ringen mit österreichischen Kräften einlassen. Gelang dieses Vorhaben, mußte eine Niederlage in der Schlacht für die angegriffenen Truppen zur Katastrophe werden.

 

 

 

Königgrätz

 

 

Das preußische Armeeoberkommando entschloß sich, am Morgen des 3. 7. durch einen eigenen Vorstoß unbedingt eine Schlacht herbeizuführen.  Jedoch war man sich nicht völlig über die Absichten des Gegners im klaren. Sein Verhalten deutete nicht auf eine Unterbrechung des Rückzugs, sondern auf den Übergang zum Angriff hin. Deshalb wurde sofort die Konzentrierung der gesamten Armee gegen die österreichische Stellung an der Bistritza befohlen. 

karte6.jpg (59858 Byte)Die österreichische Stellung bestand aus einer Reihe von Höhen, welche den Raum zwischen Bistritza, Elbe und Trotina ausfüllten. Der nach Westen gerichtete Teil der Front verlief hinter der Bistritza, an die Trotina lehnte sich der rechte Flügel an. Beherrschende Punkte dieser Stellung waren die Höhen von Maslowed, Chlum, Problus und Hradek. Das Überschreiten der Bistritza und der Trotina war wegen des morastigen Talgrunds für Infanterie überall, für Kavallerie und Artillerie nur auf Brücken möglich. Das erschwerte den Einsatz der preußischen Artillerie, während die auf den beherrschenden Höhen aufgefahrene österreichische Artillerie vortreffliche Feuerwirkung besaß. 

Auf preußischer Seite wurden fast alle Kräfte zur Schlacht herangezogen. Die zahlenmäßige Stärke der preußischen Armeen, die über insgesamt 702 Geschütze verfügten, hatte sich gegenüber dem Kriegsbeginn nur geringfügig vermindert Allerdings standen für die Eröffnung der Schlacht nur die 1. Armee und die Elbarmee zur Verfügung, da die 2. Armee infolge ihres langen Anmarschweges erst zu einem späteren Zeitpunkt eingreifen konnte.

Am 3.7. gingen die Truppen der 1. Armee parallel zur Straße Horschlitz—Sadowa vor. Als sich die preußischen Spitzen Sadowa näherten, eröffneten die österreichischen Batterien das Feuer. Preußische Truppen nahmen das Skalkagehölz, erzwangen dadurch die Räumung Sadowas und drangen in den Hola-Wald bei Ober Dohalitz ein. Andere Teile besetzten die Zuckerfabrik südlich von Sadowa und Unter-Dohalitz und folgten dem Gegner bis auf die Höhe von Ober-Dohalitz. Ebenso wurden nach kurzem Gefecht Mokrowous und Dohalicha besetzt. Doch dem preußischen Angriff gebot eine mächtige Artillerielinie von 160 Geschützen halt, die inzwischen auf der Höhe zwischen Lipa und Langenhof Stellung bezogen hatte. Die preußische Artillerie dagegen konnte die Angriffstruppen über das Bistritza-Tal hinweg nicht unterstützen.

karte11.jpg (48186 Byte)Hier wandte sich, unterstützt von der Divisionsartillerie, die Vorhut der anderen preußischen Infanteriedivision gegen vier österreichische Bataillone im Swieb-Wald. Trotz heftigen Widerstands durchquerten die Preußen den Wald und nahmen Tschistowes. Zwar zwangen die Österreicher den Gegner vorübergehend zum Zurückweichen, blieben dann aber selbst in dessen Schnellfeuer liegen. Jetzt zog das österreichische 4. Korps seine gesamte Artillerie (80 Geschütze) nach Maslowed und Tschistowes heran und erneuerte mit 3 Brigaden den Gegenangriff. Die Preußen verloren Tschistowes und konnten sich nur im Südwestteil des Swieb-Waldes behaupten, jedoch gleichzeitig frische Bataillone heranziehen.

Es entwickelte sich ein unübersichtliches Waldgefecht, die preußischen und die österreichischen Truppen vermischten sich, es gab keine einheitliche Leitung und keinen klaren Überblick mehr. Schließlich gelang es den Preußen doch, sich wieder in den Besitz des ganzen Swieb-Waldes zu setzen. Tschistowes dagegen blieb in den Händen der Österreicher, die ihren Angriff mit zwei Brigaden des 2. Korps erneuerten, nachdem sie ihre Artillerielinie auf 120 Geschütze verstärkt hatten. In den erbitterten Kämpfen verloren die preußischen Einheiten den größten Teil des Waldes. Aber jetzt fesselten sie bereits eine bedeutende österreichische Streitmacht: 14 preußische Bataillone mit 24 Geschützen standen gegen 49 österreichische Bataillone mit 120 Geschützen.schl4.jpg (39072 Byte)

Dieses Festbeißen starker österreichischer Kräfte im Swieb-Wald, vorwärts der eigentlichen Stellung des rechten österreichischen Flügels, lag nicht in der Absicht Benedeks, der dadurch die rechte Flanke der eigenen Stellung entblößt sah. Benedek hatte schon gleich nach Beginn dieser Kämpfe den Kommandanten des 4. Korps darauf hingewiesen. Als gegen Mittag der Kommandant der Festung Josefstadt den Anmarsch preußischer Truppen von Gradlitz her meldet; befahl Benedek kategorisch den sofortigen Rückzug des 2. und des 4. Korps. Es mußte schleunigst eine feste Front nach Norden gebildet werden. 

Währenddessen waren auch Teilkräfte der preußischen 1. Armee in eine schwierige Situation geraten. Durch die österreichische Artillerie mit vernichtendem Feuer überschüttet, war der Hola-Wald für sie zu einer Falle geworden. Vergeblich bemühte sich ihre Artillerie, die Infanterie zu unterstützen. Vom linken Ufer der Bistritza aus erzielten die glatten Geschütze gar keine, die gezogenen nur eine geringe Wirkung gegen die hinter dem Höhenkamm hervorragend gedeckten österreichischen Batterien. Die Österreicher ließen sich auch nicht zu einem Artillerieduell verleiten, sondern konzentrierten ihr Feuer auf die gegnerische Infanterie, deren sämtliche Ausbruchsversuche aus dem Wald scheiterten. So mußten die hier kämpfenden Truppen der 1. Armee unter erheblichen Verlusten fünf Stunden ausharren. Aber auch österreichische Gegenangriffe gegen den Feind im Hola-Wald und bei Ober-Dohalitz blieben erfolglos.

Ein weiteres Vordringen der 1. Armee erwies sich als unmöglich. Ein frontaler Angriff gegen die starke österreichische Stellung über kahle, leicht vom Feuer zu bestreichende Hänge hätte große Opfer gekostet. Eine Entscheidung der Schlacht konnte deshalb nur durch die Flügelarmeen erfolgen. Doch mußte auch ein etwaiger österreichischer Gegenangriff trotz möglicher Anfangserfolge aussichtslos bleiben, da die 1. Armee noch ein Armeekorps, eine Kavalleriedivision und die starke Artilleriereserve besaß, die sie im Fall einer Krise sofort in den Kampf einführen konnte.karte1a.jpg (56783 Byte)

Die Elbarmee hatte erst in der Nacht den Auftrag erhalten, die Österreicher in der linken Flanke zu umfassen und von Pardubitz abzuschneiden. Aber sie wurde durch schlechte Wege aufgehalten und erreichte erst sehr spät Alt-Nechanitz. Sie vertrieb die Sachsen, nahm Nechanitz und marschierte weiter auf Hradek. Aber ihre Hauptkräfte blieben weit hinter den Spitzen zurück, da alle Truppen auf eine einzige, nur notdürftig wiederhergestellte Brücke über die Bistritza angewiesen waren. Deshalb konnte erst gegen Mittag Artillerie gegen die österreichisch-sächsische Stellung bei Niederprschim und Problus eingesetzt werden. Es glückten weder der preußische Umfassungsversuch noch der sächsische Gegenstoß auf Hradek.

Unterdessen befand sich die 2. Armee, die ebenfalls den Angriffsbefehl verspätet erhalten hatte, im Vorrücken auf das Schlachtfeld, dabei durch Regen und aufgeweichte Wege aufgehalten. Gegen 11.00 Uhr hatten die Spitzen des Gardekorps und des VI. Armeekorps die Trotina erreicht, waren aber immer noch mehr als vier Kilometer von dem hart bedrängten linken Flügel der 1. Armee entfernt. Die Marschkolonnen reichten noch bis an die Elbe zurück, mit dem Eingreifen der Hauptkräfte der 2. Armee in die Schlacht konnte so schnell nicht gerechnet werden.

Das preußische Hauptquartier hatte erst auf dem Schlachtfeld erkannt, daß der Kampf gegen die gesamte Nordarmee geführt werden mußte. Es erwartete den Angriff der 2. Armee um die Mittagszeit. Da dieser ausblieb, entschloß sich das Oberkommando der 1. Armee gegen 13.00 Uhr doch zu dem verlustreichen Frontalangriff und stellte dafür seine Kräfte hinter dem Hola-Wald bereit Aber das Hauptquartier griff ein und unterband dieses Vorhaben. Die Entscheidung sollte auf den Flügeln fallen.karte19.jpg (29496 Byte)

Die Marschkolonnen der 2. Armee waren indessen näher gekommen. Teile zielten auf Trotina und auf Ratschitz. Das V. Armeekorps stand mittags bei Choteborek. Das Gardekorps richtete seinen Stoß teils gegen Benatek, teils gegen Horschenjowes. Gegen 13.00 Uhr erstiegen die preußischen Spitzen die Höhe von Horschenjowes, die dort aufgestellten österreichischen Batterien mußten eilig ihre Stellung räumen und sich auf Nedelischt zurückziehen. Damit begann für die Österreicher die kritische Periode der Schlacht. Benedek hatte den Rückzug des 2. und 4. Korps aus dem Swieb-Wald befohlen und gleichzeitig das 6. Korps aus der Reserve zur Unterstützung eingesetzt. Doch den letzteren Befehl zog er zurück, da er angesichts des offenbar zermürbenden Artilleriefeuers an der Bistritza den Gedanken eines Gegenangriffs seiner Reserven auf die preußische 1. Armee erwog. Das rächte sich sofort. schl2.jpg (152255 Byte) Es gelang dem österreichischen 2. Korps nur mit Mühe und Not, die ihm ursprünglich befohlene Stellung zu erreichen, auch das 4. Korps konnte gerade noch in die Front einrücken. Zwischen Chlum und Nedelischt wurden 120 Geschütze in Stellung gebracht. Damit wäre zwar der zurückgebogene rechte Flügel der österreichischen Aufstellung noch im letzten Augenblick gebildet worden, aber diese Nordfront bestand aus Truppen, die durch die Kämpfe um den Swieb-Wald stark erschüttert waren. Gegen sie rückten frische Verbände an.

Die preußische 1. Gardedivision stieß bis nach Maslowed vor, ihre Geschütze eröffneten den Kampf gegen die überlegene österreichische Artillerie, der ein überraschender Infanterieangriff schwere Verluste beibrachte. Die Verbände des österreichischen 4. Korps wichen und kamen erst an der Straße Nedelischt—Rosbjerschitz zum Stehen. Damit verloren die Österreicher den Schlüsselpunkt ihrer Stellung. Benedek eilte jetzt selbst zu seinem rechten Flügel, warf Truppen gegen Chlum und holte nun das 6. Korps aus der Reserve heran. Doch alle Gegenangriffe auf Chlum scheiterten am dichten und wirksamen Schnellfeuer der preußischen Infanterie. Nachdrängend erreichten die Preußen Rosbjerschitz. Von hier aus feuerte ihre Artillerie auf wirksamste Entfernung mitten in die noch immer regungslos mit Front nach Westen dastehenden österreichischen Reserven. Auch das rechts vom 4. stehende österreichische 2. Korps konnte seine Stellung nicht lange verteidigen und wich auf das linke Ufer der Elbe zurück.schl7.jpg (43861 Byte)

Das aus der Reserve vorrückende österreichische 6. Korps gewann Rosbjerschitz zurück, drang bis nach Chlum vor und zwang die preußische Artillerie, sich hinter die Höhe zurückzuziehen. Aber die österreichischen Erfolge wurden durch das Eingreifen des preußischen I. Armeekorps wieder zunichte gemacht. Nun führte Benedek seine letzte Reserve, das 1. Korps, in den Kampf. Trotz anfänglicher Erfolge endete der Stoß mit einem negativen Ergebnis. Unterdessen hatten preußische Truppen auch Lipa genommen und damit das österreichische 2. Korps zum Rückzug auf Rosnitz gezwungen. In diese Rückwärtsbewegung wurden auch benachbarte Korps hineingerissen. Die Führung der österreichischen Truppen ging völlig verloren, da Benedek auf dem rechten Flügel nicht auffindbar und sein Stab infolge von Verlusten durch Artilleriefeuer nicht mehr arbeitsfähig war. Nur durch den entschlossenen Widerstand einiger Truppenteile wurden die nachdrängenden Preußen aufgehalten und der österreichischen Armee wieder etwas Luft verschafft

Als die preußische 2. Armee genügend weit herangerückt war, forderte das preußische Hauptquartier den energischen Angriff der Elbarmee auf Problus. Ihr Vorstoß bedrohte die sächsischen Truppen in der Flanke. Aber die preußische Kavallerie hing weit zurück, sie konnte den Erfolg gegen den eingedrückten linken österreichischen Flügel nicht ausweiten. Die Masse der Infanterie war durch die schweren Kämpfe erschöpft, der Angriff noch frischer Kräfte wurde durch österreichische Kavallerie und Artillerie aufgehalten.

Am späten Nachmittag des 3. 7. war die Lage der österreichischen Nordarmee sehr schwierig geworden. Von allen Seiten drängten die preußischen Armeen nach. Ihre Artillerie eröffnete von der Linie Strschesetitz—Langenhof—Rosbjerschitz heftiges Feuer auf die zurückweichenden österreichischen Truppen. Der linke Flügel der 2. Armee näherte sich bis auf zwei Kilometer dem rechten Flügel der Elbarmee, der Ring um die Nordarmee hatte sich fast geschlossen. schl8.jpg (48793 Byte) Die Kavallerie der 1. Armee erschien bereits auf dem Schlachtfeld, um die gegnerischen Truppen zu attackieren. Im letzten Moment konnte die österreichische Reservekavallerie durch eine eigene Attacke auf die preußischen Reiter diesen Angriff zurückweisen. Der österreichischen Reserveartillerie gelang es in der Zwischenzeit, eine starke Feuerlinie aufzubauen. Es begann ein heftiges Artillerieduell, in dem 170 österreichische gegen 188 preußische Geschütze fochten. Währenddessen gingen die ‘einzelnen Korps ziemlich ungeordnet über Placha, Königgrätz, Optanitz und Pardubitz zurück und konnten der völligen Vernichtung entgehen.

Gegen 17.30 Uhr stellten die preußischen Armeen jedes weitere Vordringen ein. Angesichts der starken Erschöpfung der Truppen, der inzwischen eingetretenen Desorganisation und des Mangels an Lebensmitteln befahl das Hauptquartier den Truppen für den 4. 7. Ruhe. Moltke verzichtete auf die Verfolgung des geschlagenen Gegners, obwohl dafür noch ausreichend Kavallerie und frische Truppen eingesetzt werden konnten. Nur die Elbarmee sollte auf Pardubitz nachstoßen, aber auch das unterblieb.schl1.jpg (97265 Byte)

Das Ausbleiben einer sofortigen Verfolgung ermöglichte es dem österreich- ischen Armeekommandanten trotz der starken Auflösungserscheinungen in seinen Verbänden, sich von den Preußen zu lösen und in den folgenden Tagen wieder ein Mindestmaß an militärischer Ordnung herzustellen. Die Nordarmee hatte große Verluste erlitten (etwa 43000 Mann gegenüber etwa 9000 Preußen), ihre Kraft war zunächst gebrochen. Das vor Augen, ersuchte Benedek am nächsten Tag das preußische Hauptquartier um einen Waffenstillstand. Bismarck erklärte jedoch, daß ein solcher nur möglich sei, wenn er zu Friedensverhandlungen führe, zu denen Benedek nicht bevollmächtigt war.

 

 

Folgen

In Wien rief die Nachricht von der verlorenen Schlacht tiefe Bestürzung und große Empörung über den Armeekommandanten hervor, dem alle Schuld zugeschoben wurde. Die Regierung vereinbarte mit dem französischen Kaiser, seine Vermittlungsversuche auch auf Preußen auszudehnen. Gleichzeitig wurde die in Oberitalien siegreiche Südarmee nach dem Norden abtransportiert Ihr Kommandant, Erzherzog Albrecht, und mit ihm einflußreiche Kräfte in den regierenden Kreisen forderten die Fortführung des Krieges gegen Preußen um jeden Preis. Ihr Vorsatz war nicht unbegründet, denn selbst die Nordarmee bestand weiter und konnte in absehbarer Zeit von neuem eingesetzt werden. Österreich hatte zwar bei Königgrätz eine schwere, aber keine vernichtende Niederlage erlitten. Sie mußte nicht unbedingt das Ende des Krieges bedeuten, denn die Reserven und das Potential des Habsburgerstaates waren bei weitem nicht erschöpft.

Zunächst setzte die österreichische Nordarmee ihren Rückzug in drei Kolonnen fort — auf Landskron, auf Mährisch Trübau und auf Zwittau. Bis zum 7. 7. sollten alle Truppen diese Punkte erreichen und sich dann weiter auf Olmütz zurückziehen. Ein sofortiger Rückzug auf Wien war nicht möglich, da sich auf diesem Marsch die Armee völlig auflösen mußte. Das verschanzte Lager von Olmütz dagegen bot zunächst einen Sammelpunkt, der ohne Gefahr zu erreichen war und wo die Armee ihre Kampfkraft wiederherstellen konnte. Deshalb entschloß sich Benedek, bei Olmütz eine starke Flankenstellung zu errichten und damit das Vordringen der Preußen auf Wien aufzuhalten. Zum unmittelbaren Schutz der bedrohten Hauptstadt wurde das 10. Korps sofort mit der Eisenbahn in Marsch gesetzt. Auch die Masse der Kavallerie sollte in diese Richtung zurückgehen, allerdings nur schrittweise, entsprechend dem preußischen Druck. Das preußische Hauptquartier ging zunächst daran, die Truppen wieder zu ordnen und Verpflegung und Nachschub zu regeln. Infolge dieser Ruhepause verloren die Preußen die Fühlung mit dem Gegner. Erst am 6.7. stellte die Aufklärung fest, daß sieh die Masse der österreichischen Kräfte auf Olmütz, ein geringerer Teil auf Wien zurückzog. Nun entschloß sich das Hauptquartier, auf Olmütz nur die 2. Armee folgen zu lassen, mit der 1. Armee und der Elbarmee aber direkt auf Wien vorzugehen. Das VI. Armeekorps wurde mit der Einschließung der Festungen Josefstadt und Königgrätz beauftragt. Am 7.7. begann der Vormarsch der Preußen auf breiter Front.

 

Weiterer Kriegsverlauf in Mähren und Österreich

Noch am selben Tag nahm die Kavallerie der 2. Armee wieder Fühlung mit dem Gegner auf. Bei Zwittau kam es zu Nachhutgefechten. Am 8.7. ging die Elbarmee über Iglau auf Znaim vor, die 1. Armee auf Brünn und die 2. Armee auf Olmütz. Sie sollte eine solche Stellung einnehmen, daß sie die Truppen Benedeks gut beobachten und ihnen folgen konnte, falls diese sich nach Wien wandten, oder nach Schlesien auswichen, sofern die Österreicher mit überlegenen Kräften angriffen. Doch kam es in den folgenden Tagen nur zu unbedeutenden Zusammenstößen der Kavallerie.schl5.jpg (24780 Byte)

Der preußische Vormarsch schuf für Österreich eine bedrohliche Lage. Noch wirkte sich die vereinbarte Vermittlung Napoleons nicht aus. Man mußte deshalb in Wien selbst schnelle Entschlüsse fassen. Vor allem kam es darauf an, die Hauptstadt vor dem preußischen Angriff zu sichern. Auf die Nordarmee war zunächst nicht in vollem Umfang zu rechnen. Um die Truppen der Südarmee dafür rasch einsetzen zu können, ließ die österreichische Regierung Venetien größtenteils räumen, obwohl sich Italien noch nicht bereit gezeigt hatte, die Kampfhandlungen einzustellen. Weiter beschloß sie, Erzherzog Albrecht zum Oberkommandierenden aller Armeen zu ernennen und den größten Teil der Streitkräfte an die Donau zu verlegen. Aus der Nordarmee, den Korps der Südarmee und den verschiedensten Truppen aus dem Innern des Kaiserreiches sollte bei Wien eine neue starke Feldarmee gebildet und mit ihr notfalls eine Schlacht angenommen werden.

In den bereits besetzten oder unmittelbar vom Gegner bedrohten Landesteilen bot die kaiserliche Regierung den Landsturm auf und forderte die territorialen Militärbefehlshaber und Zivilorgane auf, Insurrektionen und Partisanenkämpfe zu entfachen. Es kam auch zu einzelnen Erhebungen und zu Streifzügen kleinerer militärischer Einheiten im Rücken der preußischen Armee. Da aber diese Kriegführung im vollen Widerspruch zur bisherigen innenpolitischen Regierungspraxis stand und in Friedenszeiten dafür auch keinerlei Vorkehrungen getroffen worden waren, kam eine Insurrektion in Böhmen und Mähren trotz mahnender Aufrufe des Kaisers, hoher Staatsbeamter und Offiziere nicht über Anfänge hinaus. Allerdings sahen sich einige preußische Armeeoberkommandos und Generalkommandos veranlaßt, rigorose Maßnahmen gegen einen drohenden Guerillakrieg zu ergreifen oder der Bevölkerung gegenüber anzudrohen.

Bereits am 9.7. erhielt Benedek den Befehl, auch das 3. Korps und die sächsischen Kräfte mit der Eisenbahn nach Wien zu senden. Die übrigen Truppen sollten neu formiert und dann ab 14./15.7. über Preßburg nach Wien in Marsch gesetzt werden. Der Eisenbahntransport dieser Truppen war nicht möglich, er hätte etwa einen Monat beansprucht eine Zeit, die dem österreichischen Kommando wegen des schnellen Vormarschs der Preußen nicht zur Verfügung stand. Alle diese Maßnahmen zeigten, daß die regierenden Kreise in Wien trotz der Vermittlungsversuche Napoleons III. noch schwankten, ob sie den Krieg gegen Preußen beenden sollten. Die kriegswilligen Kräfte um Albrecht hofften auf eine baldige militärische Unterstützung durch Frankreich, weil sie erwarteten, daß die Vermittlungsaktion an den preußischen Forderungen scheitern werde.

Mit Sorge und Unruhe mußten aber Hof und Regierung das Anwachsen der nationalen Befreiungsbewegungen in den unterdrückten Provinzen, besonders in Ungarn und Siebenbürgen, und das Anwachsen der bürgerlichen Opposition feststellen. Eine weitere Fortführung des Krieges hing von entscheidenden innenpolitischen Zugeständnissen ab, die von der regierenden Bürokratie und Aristokratie abgelehnt wurden. Sie waren dafür bereit, die Forderungen des Gegners anzuerkennen und auf ihrer Grundlage einen Frieden zu schließen, nachdem Unterhändler am 7.7. vergeblich ein zweites Mal um einen befristeten Waffenstillstand gebeten hatten. Die in Wien noch nicht bekannten preußischen Forderungen entsprachen im Prinzip den Berliner Vorschlägen zur Bundesreform und liefen auf eine Annexion norddeutscher Gebiete hinaus.

Allerdings begann sich der diplomatische Druck Frankreichs auszuwirken. In Paris verhandelte der preußische Botschafter angestrengt mit Napoleon III. Außerdem tauchte der französische Botschafter in Berlin, Benedetti, am 12.7. im preußischen Hauptquartier auf. Von dort begab er sich nach Wien, um auch hier die weitere Politik im Sinne seines Herrn zu beeinflussen. Der Krieg war rascher verlaufen, als Napoleon und seine Regierung erwartet hatten. Vor allem überraschten sie die Schlacht bei Königgrätz und ihr Ergebnis. Auf ein militärisches Eingreifen war Frankreich nicht vorbereitet. So mußte Napoleon versuchen, durch beschwörende Worte und Entgegenkommen das preußische Hauptquartier zu bewegen, sieh seinen Wünschen zu beugen. Alle kriegführenden Mächte sollten sich dem Schiedsspruch des französischen Kaisers unterwerfen und deshalb alle weiteren Kampfhandlungen ihrer Truppen sofort einstellen.

Inzwischen hatten die preußische Elbarmee am 13.7. Znaim und die 1. Armee Brünn erreicht. Die 2. Armee ging jetzt in Richtung auf Proßnitz vor. Sie sollte Benedek bei Olmütz festhalten oder ihn nach Norden abdrängen. Aber sie erreichte die neuen Marschziele mit den Spitzenkorps erst am 15.7. Nur dadurch waren die Korps der Nordarmee in der Lage, ungestört abzumarschieren. Da es der 2. Armee nun nicht mehr möglich war, den Abmarsch des Gegners von Olmütz zu stören, befahl das Hauptquartier der 1. Armee, dem Gegner bei Lundenburg sowohl die Straße nach Wien als auch nach Preßburg zu sperren. Das bedeutete, das unmittelbare Vorgehen auf Wien einzustellen und eine mehr östliche Richtung einzuschlagen. Befand sich wirklich ein großer Teil der Nordarmee auf dem Marsch nach Wien, so mußte mit größeren Kämpfen gerechnet werden. Für diesen Fall wurde die Elbarmee erneut dem Oberkommando der 1. Armee unterstellt

Im preußischen Hauptquartier bestanden unterschiedliche Vorstellungen über die weitere Kriegführung. Der Ministerpräsident trat für die Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen ein. Er befürchtete für die nächsten Wochen eine französische Intervention, zudem hielt er die Fortsetzung des Krieges gegen Österreich für nicht im preußischen Interesse liegend. Deshalb trat Bismarck für reale Forderungen an die Wiener Regierung ein und lehnte jede Annexion österreichischen Gebiets ab. Doch um den Gegner schnellstens verhandlungsbereit zu machen, schreckte der Ministerpräsident des preußischen Königs nicht davor zurück, Aufrufe an die tschechische Bevölkerung zu erlassen und die Ungarn zur Insurrektion gegen die Habsburger anzustacheln. Aus kriegsgefangenen Ungarn stellte Bismarck mit Hilfe des Generalstabes eine »Ungarische Legion« auf, deren Kommando der Revolutionsgeneral von 1848, Klapka, übernahm.

Auch der Chef des Generalstabes, Moltke, trat für eine Beendigung des Krieges ein. Die völlige militärische Vernichtung Österreichs lehnte er ab, da er im Kaiserstaat Österreich einen künftigen Bundesgenossen gegenüber Rußland und Frankreich sah. Doch um die eigenen Forderungen durchzusetzen, hielt Moltke die Fortführung der Offensive auf die Donau und unter Umständen den Angriff auf Wien für notwendig. Nach seiner Meinung hatte die vergangene Schlacht den Feldzug gegen Österreich für Preußen entschieden, und die weiteren Operationen sollten nur ein Druckmittel sein, um den Gegner endgültig friedensbereit zu machen.

Im Unterschied dazu verlangten König Wilhelm und seine persönliche militärische Umgebung den rücksichtslosen Vormarsch bis zum triumphalen Einmarsch der preußischen Truppen in Wien. Der Gegner sollte in verletzender Weise gedemütigt und für seinen Kriegseintritt streng bestraft werden. Dieses Verlangen stieß auf die Ablehnung Bismarcks, auch Moltke teilte diesen Standpunkt des Königs nicht. Doch das halsstarrige Beharren des Königs auf seinen Absichten drohte zu einer ernsthaften Gefahr für Preußen zu werden, da es wenn nicht bald eine Vereinbarung mit Wien zustande kam - zu einer Kriegsverlängerung mit unabsehbaren militärischen und politischen Folgen führen mußte. Außer Frankreich trat auch Rußland für einen baldigen Frieden ein. Deshalb wollte Moltke unbedingt die Vereinigung der österreichischen Nordarmee und der Südarmee verzögern, um den weiteren Widerstand des Gegners zu erschweren. Geringe preußische Kräfte griffen bei Tobitschau und Roketnitz die Kolonnen des österreichischen 8. Korps überraschend an. Von diesem Überfall wurden auch Teile des österreichischen 1. Korps betroffen. Nach diesem Gefecht änderte die Nordarmee ihre Marschrichtung. Sie bog ins Waag-Tal ab und begann den Übergang über die Kleinen Karpaten, um auf diesem Umwege Wien zu erreichen. Bei energischer Verfolgung wäre die Verhinderung dieses Vorhabens möglich gewesen. Aber das Oberkommando der 2. Armee hielt die Vereinigung aller Armeen vor Wien für wichtiger. Als dann am 16.7. doch noch ein Vorstoß unternommen wurde, war es zu spät. Die Nordarmee war wieder entkommen.

Am 12.7. war Erzherzog Albrecht in Wien eingetroffen. Am Hof und in der Regierung verstärkten sich bereits die Stimmen, die für die Aufnahme von Verhandlungen mit dem preußischen Hauptquartier waren. Ihnen neigte auch der Kaiser zu. Erzherzog Albrecht dagegen, der immer noch mit einer französischen Intervention rechnete, verlangte unbedingten Widerstand und dazu die Verteidigung Wiens und der Donaulinie. Er setzte Benedeks Abmarsch von Olmütz durch und zog auch das Kavalleriekorps über die Donau zurück. Nur eine schwache Nachhut verblieb nördlich des Stroms. Sie sollte beim Anrücken der Preußen auf die nördlich von Wien in Bau befindlichen Stellungen - die Floridsdorfer Schanzen - ausweichen. Am 16. 7. trafen bei Wien auch die ersten Einheiten aus Italien ein.

Eine Brigade des 10. Korps wurde am 17.7. nach Blumenau entsandt, um dort den gegen Preßburg vordringenden Gegner aufzuhalten. Außerdem erhielt Benedek den Befehl, die Bewegungen der preußischen Truppen durch Vorstöße abzufangen. Das war bei dem Zustand der Nordarmee jedoch nur schwer ausführbar. Der entbehrungsreiche Marsch hatte die Truppen erneut außerordentlich erschöpft. Die einzige Aufgabe, die sie noch lösen konnten, bestand darin, so schnell es ging, Wien zu erreichen. Dort waren bis zum 20.7. das 3. und 10. Korps der Nordarmee, vier Kavalleriedivisionen sowie das 5. und 9. Korps der Südarmee versammelt, insgesamt etwa 105 000 bis 110000 Mann.

Das preußische Hauptquartier rechnete schon vor dem 20.7. mit etwa 150 000 Österreichern bei Wien und erwartete eine österreichische Offensive. Deshalb wurden zunächst die 1. Armee und die Elbarmee nach Lundenburg und Laa befohlen, um eine günstige Stellung für Angriff und Abwehr gegen die beiden österreichischen Gruppierungen zu haben. Darauf wurde am 19.7. der Befehl zum Angriff auf die Donaulinie erneuert. Alle drei Armeen sollten sich hinter dem Russ-Bach vereinigen:

Die Elbarmee bei Wolkersdorf, die 1. Armee bei Deutsch-Wagram, die 2. dahinter bei Schönkirchen. Sie sollten versuchen, überraschend Preßburg und den dortigen Donauübergang zu nehmen. Im weiteren erwog man den Angriff auf Wien.

Man war sich im preußischen Hauptquartier darüber klar, daß es nicht leicht sein würde, Wien zu erobern. Dort hatte sich die Stimmung seit dem Eintreffen der siegreichen Südarmee wieder etwas gehoben, man blickte hoffnungsvoller in die Zukunft. Die Entschlossenheit zur Verteidigung der Stadt wurde stärker. Die österreichische Hauptstadt war durch eine ausgedehnte verschanzte Linie geschützt. Sie bestand aus einer Reihe von Feldbefestigungen und war mit 430 Geschützen bestückt. Sie lehnte sich mit dem rechten Flügel an die Lobau, mit dem linken an die Donau. In der Mitte klaffte zwar noch eine Lücke mit einer Breite von 7 Kilometern, aber sie konnte schnell provisorisch geschlossen und vor allem durch Truppen ausreichend gesichert werden. Im Floridsdorfer Brückenkopf stand das 10. Korps, rechts davon das 3., links das 9. Korps. Sie bewachten die Donau, während das 5. Korps in Wien selbst stand. Die Lage der Österreicher war also nicht aussichtslos. Sie mußte sich verbessern, wenn die Kräfte der Nordarmee rechtzeitig Wien erreichten. Aber das war in Frage gestellt, sobald es den Preußen gelang, den Paß von Blumenau zu öffnen und Preßburg im Handstreich zu nehmen. Geschah das, so blieb der Nordarmee nur der große Umweg über Komorn. Dann konnte die Entscheidung bei Wien fallen, ohne daß es den Truppen Benedeks möglich war einzugreifen.

Schon am 18.7. waren die Vorhuten der Preußen nur noch etwa 40 Kilometer von Preßburg entfernt, während das nächste österreichische Korps, das 2. Korps, noch etwa 80 Kilometer zurückzulegen hatte. Noch am 21.7. waren zur Behauptung dieses wichtigen Punktes nur zwei österreichische Brigaden verfügbar. Erst in der Nacht und am Morgen des folgenden Tages wurden mit Hilfe von Bauernfuhrwerken und der Pferdeeisenbahn die Truppen eines Korps herangebracht. Es war die höchste Zeit, denn schon am 21.7. hatten zwei preußische Divisionen bei Marchegg die March überschritten, waren bis Stampfen vorgegangen und hatten den Paß von Blumenau erkundet. krieg3.jpg (26022 Byte) Für den 22.7. war der Angriff befohlen. Die Österreicher standen in einer sehr starken Stellung, die sich an die schroffen Berghänge anlehnte. Da ein frontaler Angriff nur geringen Erfolg zeitigte, wurde eine preußische Division zur Umgehung angesetzt. Noch bevor diese wirksam werden konnte, traf die Nachricht vom Abschluß einer befristeten Waffenruhe ein.

Diese Waffenruhe war am 21.7. für fünf Tage vereinbart worden, nachdem durch französische Vermittlung beide Seiten ihr Einverständnis dazu und zur Aufnahme von direkten Verhandlungen gegeben hatten. Erzherzog Albrecht hatte angesichts des Verlaufs der Kämpfe und des Zustands der Nordarmee seine ursprüngliche Zuversicht verloren. Auch gaben er und seine Umgebung die bisherige Hoffnung auf französische Waffenhilfe auf. Da Kaiser Franz Joseph und der Hof sofortige weitgehende Zugeständnisse an die ungarische Opposition ablehnten, andererseits angesichts des massiven militärischen und politischen Druckes des preußischen Hauptquartiers um den Bestand der Monarchie besorgt waren, willigten sie in die Annahme der Forderungen Bismarcks ein.

 

Am 22.7. begannen in Nikolsburg die Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen Präliminarfrieden. Die Kampfhandlungen wurden nicht wieder aufgenommen.

Am 23.8. wurde der endgültige Friede in Prag unterzeichnet.

 

 

Der weitere Kriegsverlauf im Westen

Die Mainarmee konnte sich nun gegen die süddeutschen Bundesgenossen Österreichs wenden. Die süddeutschen Regierungen, die ein Zusammenwirken ihrer Truppen mit der österreichischen Armee in Böhmen abgelehnt hatten, konnten sich nur mit Mühe und Not auf eine gemeinsame Kriegführung einigen. Der von dem späteren Bundesfeldherrn Karl von Bayern, der zugleich die bayrischen Truppen befehligte, vorgelegte Operationsplan hatte vorgesehen, mit dem VII. (bayrischen) Bundeskorps von Schweinfurt und mit dem VIII. von Frankfurt a. M. gegen Hersfeld im Fulda-Tal vorzudringen und dort die Hannoveraner aufzunehmen. Dadurch hätten der preußischen Mainarmee 120 000 Mann gegenübergestanden.

Die Nachricht vom Sieg der Hannoveraner bei Langensalza veranlaßte die Bayern zum Weitermarsch gegen den Thüringer Wald. Damit entfernten sie sich vom VIII. Bundeskorps und standen zunächst den Preußen allein gegenüber, nachdem die Hannoveraner kapituliert hatten. Die bayrischen Truppen befanden sich im Raum Wasungen, Meiningen, Schleusingen, Hildburghausen, das VIII. Bundeskorps noch immer bei Frankfurt a.M. Die schnelle Vereinigung aller Kräfte war daher die wichtigste Aufgabe. Man beschloß, diese Vereinigung bei Fulda herbeizuführen, obwohl das eine Art von Flankenmarsch vor der preußischen Front bedeutete. Die Vereinigung in der günstigen Richtung auf Neustadt a. 5. hätte einem Rückzug geglichen, dessen moralische Folgen man fürchtete.karte7.jpg (22966 Byte)

Das preußische Hauptquartier befahl der Mainarmee, jetzt energisch gegen die Bayern vorzugehen. Sie sollte den Angriff in Richtung Schweinfurt führen, um die Bayern zu fesseln und sie auf die Verteidigung ihres eigenen Landes zu beschränken. Außerdem sollten die beiden gegnerischen Gruppen voneinander isoliert werden.

Daraufhin traten die Preußen den Vormarsch auf Fulda an, den Vereinigungspunkt der süddeutschen Kräfte. Bei Dermbach wurden am 4.7. die aus der Rhön heraustretenden bayrischen Spitzen zurückgeworfen. Die Bayern schlugen nun die Richtung auf die Fränkische Saale ein. Sie forderten das VIII. Bundeskorps, das am Osthang des Vogelgebirges gegenüber Fulda stand, zur Vereinigung über Brückenau und Kissingen auf. Aber das Kommando des VIII. Korps schlug unter dem Eindruck der österreichischen Niederlage bei Königgrätz die Versammlung der Kräfte hinter dem Main vor. Trotz der erneuten Forderung des Bundesfeldherrn ging das VIII. Korps am 9. 7. nach Hanau und Frankfurt a. M. zurück, um die eigenen Grenzen und die Bundesversammlung gegen befürchtete preußische Angriffe aus dem Rheinland zu sichern. Damit war die Trennung der Verbündeten vollzogen.

Die preußischen Truppen hatten inzwischen mit drei Divisionen den Vormarsch auf Fulda fortgesetzt. Ihr Kommando wollte den Stoß gegen Frankfurt a. M. richten, da die preußischen Truppen die Fühlung mit dem Gegner verloren hatten. Das Hauptquartier forderte dagegen weiterhin den Angriff über die Fränkische Saale. Er wurde mit zwei Divisionen ausgeführt. Bei Hammelburg und Kissingen kam es am 10. 7. zu Gefechten mit den Bayern, die geschlagen wurden und sich auf Schweinfurt zurückzogen. Der Oberbefehlshaber der Mainarmee gab die Verfolgung der Bayern auf und wandte sich, einer Anregung Bismarcks folgend, erneut gegen Frankfurt a. M. Bismarck sah in der Besetzung der Gebiete nördlich des Mains ein wichtiges politisches Faustpfand.

Für die süddeutschen Bundeskorps war jetzt die Vereinigung ihrer Kräfte außerordentlich dringend geworden. Als Vereinigungspunkt wurde nun Uffenheim südöstlich von Würzburg vorgesehen. Das VIII. Bundeskorps trat den Marsch dorthin an und stand am 13. 7. bei Aschaffenburg. Hier stießen seine Spitzen auf die preußischen Vorhuten. Am 14. 7. kam es zum Gefecht bei Aschaffenburg, in dem die Bundestruppen über den Main zurückgeworfen wurden. Erneut ließ General Vogel von Falckenstein von den gegnerischen Truppen ab und wandte sich wieder gegen Frankfurt, in das die preußischen Truppen am 17. 7. einzogen. Hier erfolgte ein Wechsel in der Führung der Armee. Den Oberbefehl übernahm General von Manteuffel, von dem sich das Hauptquartier ein energischeres Vorgehen gegen die Bundestruppen versprach.

Da die Preußen weder dem VII. noch dem VIII. Bundeskorps nach den Gefechten gefolgt waren, gelang diesen am 17. 7. ihre Vereinigung zwischen Würzburg und der Tauber. Aber auch jetzt gab es keine echte Grundlage für ein gemeinsames Handeln. Die Regierungen in Karlsruhe und Stuttgart verlangten ein vorsichtiges Verhalten ihrer Truppen und das Vermeiden von Kämpfen, die nicht unmittelbar der Sicherung ihrer Grenzen dienten. Dagegen forderte die bayrische Regierung die Wiedereroberung der Mainlinie von Aschaffenburg bis Mainz. Das Kommando der Bundestruppen beabsichtigte eine Offensive gegen den unteren Main, was vom Kommandanten des VIII. Korps abgelehnt wurde. Schließlich einigte man sich auf einen Stoß gegen Aschaffenburg über Lohr und Miltenberg.

Das Oberkommando der preußischen Mainarmee verfügte zu diesem Zeitpunkt über 50000 Mann mit 120 Geschützen. Außerdem konnte es auf das baldige Eintreffen des bei Leipzig versammelten II. Reservekorps mit 20000 Mann und 54 Geschützen rechnen, dem der Vormarsch über Hof auf Bayreuth befohlen war. In dieser Situation entschloß sich der Oberbefehlshaber der Mainarmee zum Angriff auf Würzburg. Am 21. 7. begann von Frankfurt a. M. aus der preußische Vormarsch südlich des Mains. Am 23. 7. schwenkten die preußischen Truppen um die Mainberge bei Miltenberg. Vor ihnen erreichten zur selben Zeit die Spitzen des VIII. Bundeskorps die Tauber, die Bayern setzten sich von Würzburg aus auf Lohr in Bewegung. Am 24.7. standen die Spitzen des VIII. Bundeskorps bei Tauberbischofsheim und Werbach, während sich die Bayern bei Roßbrunn versammelten. Es kam jedoch nicht zur Organisierung des Zusammenwirkens beider Korps bei der Verteidigung der Tauberlinie.

Der preußische Stab vermutete bei Tauberbischofsheim die Hauptkräfte des Gegners. Deshalb neigte er zu äußerster Vorsicht Aber schon beim ersten Stoß wurde am 24. 7. Tauberbischofsheim mit geringen Kräften genommen. Die Gegenangriffe der württembergischen Division brachen wegen mangelnder Artillerieunterstützung im starken Feuer der preußischen Infanterie zusammen. Die Preußen drangen auf das andere Ufer der Tauber vor und setzten sich dort fest. Auch der nun einsetzende Angriff einer frischen Division der Bundestruppen scheiterte. Da nun auch eine Niederlage der badischen Brigade bei Werbach bekannt wurde, zog sich das VIII. Bundeskorps in Richtung Würzburg zurück.

Es wäre Aufgabe der Bayern gewesen, das VIII. Bundeskorps bei der Verteidigung der Tauberlinie zu unterstützen. Sie konnten jedoch nicht eingreifen, da sich ihre Truppen erst auf dem Marsch mainabwärts befanden. Zwei ihrer Divisionen standen auf der Hochfläche von Würzburg. In ihre Stellung hinein führte am 25. 7. der preußische Vormarsch. Die Bayern wurden überraschend angegriffen und zogen sich nach kurzem Widerstand in eine Stellung westlich von Würzburg zurück.

Am Abend des 25. 7. hatte sich für die Bundesarmee eine ernste Situation entwickelt. Die Truppen waren durch die Anstrengungen und die unglücklichen Gefechte demoralisiert, die Disziplin hatte sich bedenklich gelockert. Die Armee hatte im Rücken die steilen Abhänge des Main-Tales, die wenigen guten Straßen waren durch die zurückgehenden Trosse gesperrt Ihr Kommando entschloß sich, hinter den Main zurückzugehen, um die Armee zu retten. Aber zunächst war es notwendig, auf den Mainhöhen stehenzubleiben, bis die notwendigen Brücken gebaut waren und die Trosse die Straßen freigemacht hatten.

Die Bayern hatten eine Stellung bei Roßbrunn bezogen. Hier entwickelte sich am 26. 7. ein Gefecht, in dem die Bayern von den Preußen hart bedrängt wurden und sich an einzelnen Abschnitten zurückziehen mußten. Dennoch behaupteten sie Roßbrunn und wollten sogar zum Angriff übergehen. Doch das VIII. Bundeskorps, das links von den Bayern stand, verweigerte die Unterstützung und leitete den Abzug über den Main bereits ein. Nun blieb auch dem VII. Korps nur der Rückzug über den Main, der ohne Störungen und nennenswerte Verluste zügig erfolgen konnte.

Infolge von Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit den süddeutschen Staaten kam es nicht mehr zu weiteren Gefechten. Die Bundestruppen zogen sich in ihre Länder zurück, der Krieg in Süddeutschland war beendet. Infolge der mangelnden Kriegsbereitschaft der Bundestruppen, der Zersplitterung ihrer Kräfte und der völlig ungenügenden Koordinierung ihrer Handlungen war es den Preußen ohne große Schlacht gelungen, ihren Gegnern erhebliche Verluste beizubringen und sich in den faktischen Besitz der Territorien nördlich des Mains zu setzen

 

Politische Folgen in Deutschland

Eine politische Neuordnung Deutschlands war nach der Auflösung des Deutschen Bundes unvermeidbar. Österreich, das überdies Venetien an Italien verloren hatte, schied aus dem Deutschen Bund aus. Preußen annektierte nicht nur Schleswig und Holstein, sondern auch Hannover, Nassau, Kurhessen sowie die Stadt Frankfurt am Main und baute damit seine Vormachtstellung im nord- und mitteldeutschen Raum bis zur Mainlinie aus. kartepr.jpg (46883 Byte) Letztere zu überschreiten vermied Preußen, um nicht das Eingreifen Frankreichs zu provozieren. Bereits im August 1866 entstand unter preußischer Führung der Norddeutsche Bund, dessen Verfassung bei der Reichsgründung weitgehend übernommen wurde.

Mit den 4 süddeutschen Staaten wurden geheime Militärbündnisse abgeschlossen, die darauf hinausliefen, daß die Armeen dieser Länder sich dem preußischen Militärsystem anpaßten.