Marienburg

 
 

Sonstiges

 
  Heizanlagen  
 

Die Marienburg besaß im Hoch- und im Mittelschloß 10 W a r m l u f t h e i z a n l a g e n, die von im Keller gelegenen sogen. ,,Erdöfen« mit Holz oder Holzkohle geheizt wurden. Es waren wohldurchdachte und technisch gut ausgeführte Anlagen, die im Mittelalter ihre Aufgabe erfüllt haben, wie Heizversuche im 19. Jahrhundert (1823 und um 1900) bewiesen haben. Sie sind in der Marienburg bereits z. T. vor 1300 angelegt und gehen letzten Endes auf die römischen Hypokausten zurück.

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Kachelöfen sind erst vom Ende des 14. Jahrhunderts ab nachweisbar.

Die Lage der Luftheizungen ist aus dem Ubersichtsplan zu ersehen. Im Mittelschloß gab es 7 und im Hochschloß 3 Anlagen.

Als besonders klares Beispiel soll die Heizung des G r o ß e n R e m t e r s beschrieben werden. »Der Ofen ist mit dem Remter zugleich um 1320 gebaut und nach den vielfachen Spuren lange Zeit tüchtig in Gebrauch gewesen. Bei den ersten Wiederherstellungsarbeiten an der Burg 1815 fand man ihn verhältnismäßig gut erhalten vor bis auf die Luftöffnungen im Fußboden des Remters, die durch die Benutzung des Raumes als Reit- und Exerzierhalle in der Zeit um 1800 naturgemäß gelitten hatten. Man steigt vom Remterhöfchen auf steiler Holztreppe in den Heizraum hinab In ihm befindet sich die Stirnwand des Ofens mit der Feuertür, durch welche die nicht rußenden Holzkohlen, die ,,gebrannten Rohnen« in die Feuerung geschoben wurden.

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Diese ist oben im Halbrund gewölbt. Das Gewölbe hat halbsteinbreite Querschlitze, durch welche das Feuer wie durch einen Rost in die über der Feuerung angeordnete Steinkammer schlägt, wie aus den Schnitten zu ersehen ist. Die Steinkammer ist mit einer flachen Tonne überwölbt und etwa zur Hälfte mit locker liegenden unbehauenen Granitsteinen von durchschnittlich Kubikfußgröße ausgefüllt, welche von dem durchschlagenden Feuer erhitzt werden. In die Stein- und Wärmekammer kann man durch eine mit Lehmmauerwerk zugesetzte, über dem Feuerloch liegende Einsteigöffnung gelangen, falls der Ofen gereinigt und die verbrannten Steine ausgewechselt werden sollen. Dieser Öffnung gegenüber befindet sich hart unter dem Gewölbe das Abzugsloch für den Rauch. Der Rauchgang zieht sich weiter unter dem Remterfußboden hin bis zur äußeren Remterwand und mündet dort in den Schornstein. Sobald durch entsprechend langes Feuern die Wände des Feuerraumes sowie die Steine   und die Wände der Stein- und Wärmekammer genügend erhitzt waren, der Brennstoff sich verzehrt und der Rauch durch den Schlot sich verflüchtet hatte, erfuhr der heiße Ofen eine Umordnung zwecks Vornahme des Heizens, indem zunächst der Schornstein gegen die Wärmekammer hin abgesperrt wurde. Das geschah vom Remter aus, indem man den im Schornstein eingebauten »Rauchstein«, eine Steinplatte mit einer runden Öffnung, mit einem Metalldeckel, einer sogen. »Stürze« verschloß und gleichzeitig die 36 kleinen gelochten »Ofensteine" im Fußboden des Remters öffnete, d.h. die auf jedem liegenden eisernen »Stürzen« abnahm. Die warme Luft strömte nun durch gemauerte Kanäle und diese Öffnungen in den Raum und erwärmte ihn. An den Schornstein war noch ein Kamin angeschlossen. Durch diesen konnte die verbrauchte Luft abziehen. Wir haben es also mit einer Lüftung zu tun. Solange der Schornstein warm war, fand dieser Abzug von selbst statt. Anderenfalls half man durch ein Lockfeuer nach, das man in diesem Kamin entzündete. Bei den Wiederherstellungsarbeiten fand man runde und eckige Rauchsteine, auch Stürzen für diese und die kleineren »Ofensteine«. Das Hauskomtursbuch und das Treßlerbuch enthalten viele Rechnungen für diese beiden Arten von Steinen.

Die Heizung IV im Hochmeisterpalast beheizt zwei Räume gleichzeitig, die »Briefstube« und den über dieser liegenden Winterremter. Die Heizanlagen des Palastes zeichnen sich durch eine genau ausgeklügelte Führung der Luftkanäle aus. Sie setzen eine wohlüberlegte in Grund- und Aufriß zeichnerisch festgelegte Planung voraus. Zu bewundern ist vor allem, daß diese technischen Vorkehrungen nirgends den harmonischen Eindruck der Räume stören. Man mußte ihnen erst nachgehen, um ihr Vorhandensein wieder festzustellen.

Wie weit der Gebrauch der Erdöfen ausgedehnt war, erkennt man daraus, daß auch - außerhalb der eigentlichen Schloßkörper selbst - allenthalben unter der Erde Reste von Feuerräumen aufgefunden wurden. Die Häuser, die darüber erbaut waren und den verschiedensten Zwecken dienten, vielleicht aus Holz bestanden, sind samt den Steinkammern verschwunden und die tiefer unter dem Erdboden liegenden Feuerräume übrig geblieben. Ähnliche Anlagen wurden auf dem Nord-, Ost- und Westparcham des Hochschlosses beobachtet.

Die Erdöfen gehörten allgemein zur Ausrüstung der Deutschordensburgen in Preußen, so z.B. in Schwetz (1343), Barten (1370), Ragnit (1400), Gotteswerder, Grebin (vollendet 1409). Auffällig ist, daß in den Burgen des Oberlandes und des Ermlandes bei den nach 1350 erbauten Burgen die Erdöfen ganz fehlen, dafür aber Stubenöfen auftauchen. Zuerst ist das nachweisbar in der Deutschordensburg Neidenburg. Hier fehlt jede Spur von einem Erdofen, dagegen hat jeder der 3 Räume im Remterflügel in der Wanddicke einnen Hohlraum (Vorgelege), durch den die Öfen von außen geheizt werden konnten, und in der gegenüberliegenden Wand einen Lüftungsschornstein. In der Bischofsburg Heilsberg (1350-1400) finden wir in den größeren Räumen einen Ofen mit einem Kamin daneben, ebenso in den ermländischen Bischofsburgen Seeburg, Rößel und Allenstein. Der Stubenofen tritt demnach um 1370 in Verbindung mit den Lüftungskaminen im Lande Preußen vollständig ausgebildet auf. Es ist wahrscheinlich, daß er hier seine Entstehung und seine Ausbildung erfahren hat.«

Bei der Wiederherstellung wurden in den Jahren 1882 bis 1905 auf den Höfen und Terrassen eine große Anzahl alter Ofenkacheln gefunden, die in ziemlich lückenloser Zeitfolge die Kachelformen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert zeigen. Am wertvollsten sind die ältesten, die aus der Ordenszeit stammen und sowohl für die Kenntnis der Bauart der ältesten Öfen wichtig sind, wie auch wegen ihres künstlerischen Schmuckes.

Der letzte größere Bau in der Marienburg entstand in den beiden Jahrzehnten am Schluß des 14. Jahrhunderts, es ist jener Teil des Mittelschlosses, der das Treßlergemach und den Palast des Hochmeisters enthält. Die Heizungsanlagen sind hier verschiedenartig ausgebildet. Der Winterremter und die Wohnräume des Meisters über der Kapelle sind mit Luftheizungen ausgerüstet, deren Heizkammern in den unteren Geschossen liegen. Das Erdgeschoß, mit den Amtsstuben des Treßlers und der Kumpane hat keine Luftheizungen und kann daher nur durch K a c h e l ö f e n, für die auch Rauchrohre angelegt sind, erwärmt worden sein. Die erste Erwähnung eines Kachelofens in den Marienburger Rechnungsbüchern findet sich im Jahre 1408.

Der Krieg von 1454-1466 unterbrach dann jede derartige Arbeit. Später wurde die Marienburg Amtssitz der Woiwoden, des Schloßhauptmannes, des Schatzmeisters und anderer Behörden, auch oft vom Könige selbst bewohnt. Die wohnliche Herrichtung einiger Räume und die Anpassung an veränderte Lebensgewohnheiten wurde dadurch notwendig. Um das Jahr 1500 herum wurde die Pfarrkirche St. Johann in der Stadt Marienburg neu gewölbt - die Turmspitze hat die Jahreszahl 1523-, und damals wurden die Gewölbe-Kragsteine mit braunglasierten Tonbildnissen verziert, die augenscheinlich vom Töpfer hergestellt sind.

Alte H e r d e sind in der Marienburg nicht erhalten. Die Konventsküche des Hochschlosses läßt sich aus den alten Inventaren in ihrer Lage genau bestimmen. An der Außenmauer zeichnete sich das Profil des großen Rauchmantels genau ab. In der Burg Lochstedt stehen noch die alten Granitsäulen mit den angearbeiteten Kragsteinen für den Schwibbogen: hiernach wurde der Herdmantel des Rauchfanges in der Marienburg wiederhergestellt. Für den Herd selbst lehnte Steinbrecht sich an die Anlage der Küche des Dominikanerklosters in Rothenburg o. d. T. an. Der Herd in Meisters Küche wurde schon 1823 nach alten Resten ergänzt, der Herdmantel ist um 1900 neu aufgeführt. Der Schornstein für die Heizung in Meisters großem Remter ist noch der alte. Durch mehrfache Staffelung wird eine gute architektonische Wirkung erzielt. Der Heizer führte die Berufsbezeichnung Stubenrauch und erhielt für einen Winter 15 Scot Baulohn, daneben wohl freie Station und Kleidung. »Hannus des meisters stobenroch" wird 1413-1417 genannt, 1416 Walponus als stobenroch.

 

Die Badestuben

In den Amtsbüchern werden die Conventsbadestube, die Firmariebadestube und die Badestube ohne nähere Bezeichnung genannt. Die Lage der ersteren ist nicht bekannt; sie muß aber in der Nähe des Hochschlosses gelegen haben. Erhalten ist wenigstens z.T. die Firmariebadestube, die oben bereits genannt wurde. Die in alter Zeit wohl mit einem Dielenfußboden versehene Halle hatte an den Außenwänden fünf einem Backofen ähnliche Mauerungen, die von außen geheizt wurden und innen vermutlich keine Öffnung hatten. Der Rauchmantel wurde nach gehöriger Erwärmung mit Wasser begossen, ünd dadurch wurde Dampf erzeugt. Es waren aber auch Wannenbäder möglich. 1447 gab es in der Firmarie vier Badekessel. Dadurch ist die enge Verbindung der Firmane und der Badestube gesichert.

Wenn im Hauskomturbuch das »Haupt bei der Badstube« genannt wird, so kann diese nur an der Nogat gelegen haben, etwa am Südende des Niederschlosses. Wahrscheinlich war die Badstube ohne Bezeichnung für die Benutzung durch die gesamte Einwohnerschaft der Vorburg bestimmt. - Vielleicht gehörte auch zur Knechtefirmarie, die neben der Lorenzkapelle lag, noch eine Badstube. Eine »Baderei« lag nach dem Lageplan in dem Aufnahmewerk von Büsching, 1823, am Südende des Komhauses, unweit des Tränketores. Die Lage an der Nogat läßt hier die Badestube der Vorburg vermuten, in der eine große Anzahl von Dienstleuten wohnte. 

Das lange Gebäude vor Meisters großem Remter gilt als M e i s t e r s Badstube. Alt sind die Ringmauern unter der Erdoberfläche und eine Luftheizungsanlage. Es wäre denkbar, daß man über der unterirdischen Heizanlage noch eine Vorrichtung zur Dampferzeugung hatte, oder daß im beheizten Raum doch eine Badewanne stand. Der Brunnen liegt unmittelbar neben diesem Gebäude. Bei der Wiederherstellung wurde auf eine Badeeinrichtung verzichtet und der Raum nur als Wartehalle aus-gestattet. Die beiden alten Renaissance-Kamine sind aus Elbing angekauft.

 

Die Brunnen


1.


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Der Brunnen auf dem Ho c h s c h l o ß wird 1565 wie folgt beschrieben: »und in der Mitte dieses erwähnten Gebäudes ist ein Brunnen, dessen Tiefe 15 Klafter beträgt, in Steinen ausgemauert; über ihm ist ein halbseitiges hölzernes Dach, mit Pfannen gedeckt. Aus diesem Brunnen zieht man vermittels eines Rades Wasser, aber in ihm ist nicht immer das nötige Wasser.« 1607 wurden die eiserne Kette und die beschlagenen Eimer benannt. 1636 war der Brunnen inmitten des Schlosses bereits verdorben: 1649 war er »ein zunichte gemachter Brunnen; es war keine Bedachung über ihm, es waren aber Ketten zu ihm ohne Wassereimer«. 1675 heißt es von ihm »ein steinerner Brunnen im Hofe von behauenem Stein, mit großen Kosten, wie versichert wird, erbaut, hat weder Winde noch Eimer und es ist nötig, ihn zu reinigen"

1724 war der Brunnen ganz verwüstet, mit alten Balken bedeckt. Man sieht hieraus die grobe Vernachlässigung durch den polnischen Ökonom. Der Brunnenbau ist jedenfalls gleichzeitig mit dem Bau des Hochschlosses im 13. Jahrhundert erfolgt. Aus der späteren Ordenszeit wurden gelegentliche Reparaturen erwähnt, so 1411: item 2 scot 2 Knechten, die den born off dem hofe regal machten«, oder 1413: »item Hanos Aldestat 8 scot vor einen trog offen born ufen husse zu machen.« Aldestat war ein Zimmermann. 1415 arbeiteten nochmals 5 Zimmerleute am Born auf dem Hause. Das Vorhandensein der Winde, das eigentlich selbstverständlich ist, und des Daches wird durch diese Rechnungsnotiz bestätigt. Steinbrecht hat dessen Überbau wiederhergestellt und den oberen Brunnenkranz erneuert. Die Ausmauerung des Kessels ist alt; Tiefe des Brunnens vom Hofpflaster aus 17 m.

2.

Ein alter Kesselbrunnenn liegt vor Meisters Großem Remter; er wird im Hauskomturbuch immer als »Meisters Born« bezeichnet. 1411 ,,item 4 scot vor eyn slos czu dem Hofe by des meisters burme«; 1416 wurde ein Hahn ausgebessert und eine Kette gemacht, 1418 wurden die Rohre gebessert: hier muß also schon eine Rohrleitung mit Absperrhahn vorhanden gewesen sein. 1565 heißt es nur: »hinter der Badstub ist ein Brunnen und an diesem Brunnen ein Tür, durch die man zur Badstube geht«. Sodann 1649: »Der Brunnen vor dem Remter ist in jeder Hinsicht gut." Ausführlicher ist das Inventar von 1675: »vor diesem Refektorium ist ein gemauerter Brunnen mit Winde, zwei Eimern und Kette.« Und dann 1724: »ein gemauerter Brunnen, welcher infolge der Überschwemmung von 1717 eingestürzt ist. Eine Kette am Drehrad... einer oben, der andere in die Erde eingestürzt, sind übrig. Die Bedachung darüber von Dachziegeln bedarf der Ausbesserung. Die Tür zu ihm hängt an Bändern und eisernen Haken.« 

1823 wurde der Brunnen in Ordnung gebracht, 1910 von Steinbrecht gereinigt und mit Pumpe zur Wasserförderung versehen; über dem Brunnen wurde wieder ein Brunnenhaus errichtet. Die Kesselmauerung aus Granit ist auch hier alt. Wegen seines guten Wassers war der Brunnen in der Stadt bekannt. Die Marienburg hat dann noch zwei innere Brunnen:

 

3.

In Meisters Küche in der Nische des nördlichen Fensters; er wurde erst in neuerer Zeit wieder entdeckt. Der Bau fällt wohl in Zusammenhang mit dem Remterbau in die Zeit von 1320. Eine Rechnungsnotiz von 1417 nennt »den Born in unseres homeysters kochen«; ebenso 1420. Die Eimerförderung erfolgte durch Leinen.

4.

Im Gang vor den beiden Hochmeisterremtern des Palastes; in jedem Geschoß hat die Fensternische eine kreisförmige Öffnung und erst im Keller fängt die Kesselmauerung an. Auf diesen Brunnen könnte folgende Notiz bezogen werden: »1414 item 1 firdung Menczel, der das handfas reine machte vor dem remphter." In der Beschreibung von 1675 heißt es: »bei diesem Gange war ein Brunnen, bei welchem zur Ordenszeit ein Handfaß (poln. Lawaterz, abgeleitet vom lat. lavatonum) sich befand, das aber schon lange verloren gegangen ist, und es ist nur die Spur vorhanden, wo es war«, ähnlich 1724. Das 1786 angeblich verschwundene Handfaß kann nur eine Erneuerung des 18. Jahrhunderts gewesen sein. 1817 wurde der Brunnen ausgeräumt und dann ein neues Handfaß aus Sandstein angefertigt. Außer diesen vier noch erhaltenen Brunnen waren in der Burg nach Angaben des Hauskomturbuches noch die folgenden:

5.

Unter dem Gange bei den Danzk 1416, also auf dem Westparcham des Hochschlosses.

6.

In der Firmarie 1415-1417.

6a.

In der Convents-Badstube 1417.

7.

In der Knechte-Firmane 1413, in der Vorburg.

8.

Im Bottschloß 1413, in der Vorburg, vielleicht im Niederschloß.

9.

Im Convents-Marstall 1419.

10.

Bei des Meisters Marstall 1419.

11.

Im Mälzhause 1413-1416, im großen Vorburgsgebäude (unweit der Lorenzkapelle), wo 1607 die Vogtei war, jetzt nicht mehr vorhanden.

12.

Im Bottichhof 1413, lag in der Vorburg, nicht genau zu ermitteln.

13.

Der Pferdemarstall-Born, 1415-26 in der Nähe des Karwans.

14.

Im Garten 1415 und

15.

beim Apfelhause, 1420, diese beiden wohl im Garten vor der Ostfront des Hochschlosses.

16.

Im Graben 1420 und im Hühnergraben 1420, beides wohl derselbe Brunnen, im Westgraben des Hochschlosses.

17.

In Meisters Roßgarten 1418 neu gebaut, wohl außerhalb der Vorburg, etwa an der Ostseite.

18.

Ein hölzerner Brunnen wurde durch Meister Macz ohne nähere Ortsangabe 1416 gebaut.

 

Der Wiederaufbau im 19. und 20. Jahrhundert


Nach der Wiedervereinigung Westpreußens mit dem übrigen Preußen 1772 richtete man das Schloß als Kaserne ein, und zwar das Hochschloß für die Soldaten, den Großen Remter als Exerzierhalle. Im Hochschloß brachte man Wohnungen und Webereibetriebe unter. Schließlich wurde 1801 das Schloß zu einem Magazin umgebaut.

Aber die Liebe zu den Bauten des Mittelalters war von der Romantik als Gegenströmung zu jenem nüchternen Nützlichkeitssinn wiedererweckt worden. Der junge Berliner Architekt Friedrich Gilly fertigte wundervolle Zeichnungen von der als Ruine noch gewaltig wirkenden Burg an, die von Frick gestochen wurden und großen Beifall fanden. Es liegt eine Ironie darin, daß sein Vater, der Oberbaurat Gilly, gleichzeitig einen Plan zum Abbruch des Schlosses und zum Neubau eines Magazins an seiner Stelle aufstellte, der nur an der Kostenfrage scheiterte. Die Verwirklichung hätte die Vernichtung des Schlosses bedeutet.

Im Jahre 1803 endlich hatte ein scharfer Aufsatz, den der Dichter Max von Schenkendorf, ein junger Student, in der Zeitung ,,Der Freimütige« erscheinen ließ, den Erfolg, daß man die Abbrucharbeiten einstellte und daß der König 1804 die Erhaltung des Schlosses befahl. So war das noch Vorhandene vor weiterer Zerstörung gerettet.

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Nach dem unglücklichen Kriege von 1806/7, der napoleonischen Zeit, die auch ihre schlimmen Spuren hinterließ, und den Befreiungskriegen ging es 1817 an die erste Wiederherstellung der Burg. An die Spitze dieses Werkes, das sich bis 1856 erstreckte und den Hochmeisterpalast umfaßte sowie den Kleinen Remter, müssen wir den Namen des Oberpräsidenten, späteren preußischen Ministers und Burggrafen von Marienburg, Theodor von Schön, setzen. Dieser Mann, ein geborener Ostpreuße, verstand es, in dem durch die Kriege verarmten Lande eine große Begeisterung und eine tätige Opferwilligkeit für dieses Vorhaben ins Leben zu rufen. Außer dem Staat förderten das Werk der König Friedrich Wilhelm III. und noch mehr der Kronprinz, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., ferner bedeutende Männer wie Stein und Hardenberg, außerdem Städte, Universitäten, Schulen, Gutsbesitzer, Offiziere und viele andere. Jeder stiftete einen bestimmten Bauteil, nach seinen Kräften.

Der Architekt Fr. Schinkel fertigte Entwürfe und gab Gutachten. Der Dichter Jos. von Eichendorff verfaßte eine amtliche Schrift: ,,Die Wiederherstellung der Marienburg« (1844). Aus der Zahl der am Bau Mitwirkenden seien der Prediger Häbler als Urkundenforscher, der Bauinspektor Gersdorff als Bauleiter und der Königsberger Professor Joh. Voigt als Historiker genannt. Der erste Konservator der Kunstdenkmäler Preußens, Ferd. von Quast, untersuchte das Hochschloß gründlich und veröffentlidite 1850 in den "Neuen preußischen Provinzialblättern" einen richtungweisenden Aufsatz, in dem er auf die Mängel der bisherigen Arbeiten hinwies. Vieles, was damals mit bestem Bemühen, aber unzureichenden Vorkenntnissen geschaffen wurde, z.B. die farbigen Glasfenster im Hochmeisterpalast, sehen wir heute als zeitbedingt an und messen ihnen einen gewissen Museumswert bei.

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Die Zeit bis 1880 verging mit vorbereitenden Planungen für das Hochschloß, das immer noch als unschönes Magazingebäude dastand. Das Jahr 1872 sah zum erstenmal einen deutschen Kaiser in den Mauern der Marienburg, Wilhelm I. - In den folgenden Jahren wurden genaue Untersuchungen am Hochschloß vorgenommen und Mittel für dessen Ausbau bereitgestellt.

In dem jungen Regierungsbaumeister C o n r a d S t e i n b r e c h t (geb. 1849) fand man den Bauleiter, der nach Vorbildung, Interesse und Befähigung geeignet schien, das Werk weiterzuführen. Er war als Bauführer bei den Ausgrabungen in Olympia tätig gewesen und hatte 1881 mit einem Reisestipendium die Ordensbauten in Preußen und die Jacobskirche in Thorn aufgenommen und gezeichnet. 1882 kam er nach Marienburg und baute in 4 Jahrzehnten einer überwiegend friedlichen Zeit die Burg so auf, wie wir sie kennen. Gründliche wissenschaftliche Untersuchungen und Forschungsmethoden vereinten sich bei ihm mit technisch-handwerklich guter Ausführung, die von der Ziegelherstellung angefangen bis zur Schmiedearbeit erst wieder von den Handwerkern erlernt werden mußte. - Die Baukunst des Ritterordens in Preußen bearbeitete er in mehreren Werken, die noch heute grundlegend sind. - Als Träger der Arbeiten wurde 1884/85 der Verein für die Ausschmückung der Marienburg ins Leben gerufen. Dieser brachte in Zusammenarbeit mit dem Staat die Mittel auf.

Die Wiederherstellung des Hoch- und Mittelschlosses sowie der Vorburg wurde Steinbrechts Lebenswerk. Wie kaum ein Zweiter lebte er sich in den Geist der Vergangenheit ein. In den Burgen des Rheinlandes war er ebenso zu Hause wie in denen Süddeutschlands und der Alpenländer. Er gab den neu erstehenden Räumen auch die Ausstattung, die ihnen erst Leben verlieh. Wertvolle mittelalterliche Altargemälde und Glasfenster wurden erworben. Die aus Ostpreußen stammende Blellsche Waffensammlung fügte sich in den Söller der Vorburg ein. Möbel und Hausrat wurden aus anderen Burgen beschafft oder nachgebildet. Bildliche Darstellungen der Burg und anderer Ordensbauten wurden gesammelt, eine wissenschaftliche Fachbibliothek eingerichtet.

Über die Erhaltungs- und Wiederherstellungsmethoden der beiden Perioden von 1817-1856 und von 1882-1922-1939 ist viel kritisiert worden, manches von unserem strengeren Standpunkt gesehen wohl mit Berechtigung. Schinkel und Steinbrecht waren eben Kinder ihrer Zeit. Was Steinbrecht baulich ergänzt und nachgeschaffen hat, ist weniger beanstandet worden als seine Ausstattungen der Räume mit Malereien, mit Wandvertäfelungen und Einrichtungsgegenständen. Bei diesen handelte es sich darum, den Räumen Leben zu verleihen. Da die alten Einrichtungen nicht mehr vorhanden waren, mußte man zu Nachbildungen greifen, die nach dem besten Können der Zeit vor und nach 1900 ausgeführt wurden; sowohl die Auftraggeber als auch die Öffentlichkeit verlangten ein derartiges Vorgehen. Ausstattungen lassen sich wieder umändern oder entfernen. Gegen die gewaltige Leistung
Steinbrechts bei der Instandsetzung oder Wiederherstellung der Bauten selbst dürfte wohl weniger einzuwenden sein. Die Arbeit dieses Mannes verdiente eine eingehende Würdigung. Man vergleiche nur den Zustand vor allem des Hochschlosses vor und nach der Wiederherstellung!

Steinbrechts Nachfolger wurde Oberbaurat Bernhard S c h m i d (1922-45). Er trat in die Fußtapfen seines Vorgängers, mit dem er lange zusammengearbeitet hatte. An der Burg vollendete er den Hochmeisterpalast (Kapelle) und stellte die Wehranlagen, insbesondere die äußere Befestigung, das "Plauenbollwerk" mit dem Hindenburgturm wieder her. - Die verschiedenen Sammlungen des Schlosses stellte er im großen Vorburggebäude zusammen.

Vor allem vertiefte er die wissenschaftliche Erforschung sowohl der Marienburg als auch der anderen Ordensbauten in Ostpreußen. Seinen archivalischen und vergleichenden stilkritischen Studien verdanken wir Klarheit über viele baugeschichtliche und geschichtliche Fragen, so z. B. über die Erbauung der Marienburg, den großen Remter und den Hochmeisterpalast. Unter ihm wurde die Schloßbauverwaltung der Manenburg als wissenschaftliche Forschungsstätte weiter ausgebaut. Nicht zuletzt war er aber auch der treue Hüter der Burg, der sie als ein Heiligtum vor Profanierung schützte.

Nachdem die Marienburg während des letzten Krieges Einquartierungen und Belegungen über sich ergehen lassen mußte, wurde sie Ende Januar 1945 zum Kampfschauplatz selbst. Bis zum 18. März wurde um sie gekämpft. Nach dem Verlust von Dirschau zogen die deutschen Truppen ab. Die Ostseite des Schlosses litt am meisten unter den russischen Angriffen. Der Schloßturm wurde herabgeschossen, der Chor der Schloßkirche mit dem Marienbilde zerstört, Dächer abgedeckt und sonstige Verheerungen angerichtet. Die sehr starken Mauern widerstanden aber, wo sie keine oder nur wenige schmale Öffnungen hatten, dem Geschützfeuer. Nach der Einnahme durch die Russen wurde vieles, besonders die wertvolle Einrichtung, Kunstschätze, Museumsbestände und die wissenschaftliche Bibliothek mutwillig vernichtet oder verschleppt.

Nach dem Krieg wurde die Marienburg vom Museum der Polnischen Armee in Warschau übernommen. Die Ruinenwurden anfangs lediglich gegen Witterungseinflüsse abgesicht. Erst später begann der Wiederaufbau unter der Verwaltung unter der Polnischen Gesellschaft für Touristik und Landeskunde. Ein Brand im Jahre 1959 vernichtete im Mittelschloß die Dächer des Ost- und Nordflügels. Erst jetzt wurde ein Schloßmuseum gegründet, das bis heute an der Rekonstruktion des Schlosses arbeitet und die wissenschaftliche Forschung der Grundlagen aufgenommen hat. Die Marienburg wurde nunmehr stetig wieder aufgebaut und es sind schon meßbare Ergebnisse zu sehen.

 

 
  Worterklärungen  
  A m b o n, der Lesebühne, Kanzel, Empore.  
  A r k a d e Laube, Bogengang, Gewölbebogen  
  B i n d e r Mauerstein, der mit der langen Seite in die Mauer hineinragt, also nur mit der Schmalseite sichtbar ist  
  B i r n s t a b Teil des Querschnittes einer Gewölberippe in Form einer Birne  
  B l e n d e Mauernische in Form eines Fensters oder Bogens, Mittel der architektonischen Gestaltung; von "blind"  
  B I i d e Wurfmaschine  
  C a p o n i e r e Im Festungsbau flankierendes Verteidigungswerk  
  D a n s k e r oder D a n z k e r Abortanlage, meist außerhalb der eigentlichen Burg  
  D i e n s t Halbsäule oder Wandpfeiler unterhalb eines Gewölbeanfängers, manchmal reich verziert, auch durch Figuren  
  F i a l e Ziertürmchen, oft mit Krabben oder stilisierten Blättern, verziert  
  F i r m a r i e Kranken- und Siechenhaus  
  Firmariegarten lag südlich des Schnitztores in der Vorburg  
  F r i e s in der Baukunst horizontales Band, manchmal mit Spitz- oder Rundbögen gegliedert  
  G e m a c h hat oft die Bedeutung einer Raumgruppe, z. B. Wohn- oder Diensträume  
  G e w ä n d e bei Fenstern oder Türen die Ansichtsfläche der durchbrochenen Mauer  
  G e r s d o r f f Carl August, Bauinspektor, Bauleiter während der 1. Wiederherstellungsperiode der Marienburg (1815-1850)  
  G e w ö l b e k a p p e Teilstück eines Gewölbes, von Rippen begrenzt  
  G r a u m ä n t l e r Dienende Brüder des Ritterordens  
  G r o ß k o m t u r lat. ,,Magnus commendator«, der erste der Großgebietiger, der oberste Ordensbeamte  
  G u r t b o g e n Bogen, der zwei Stützen (Säulen oder Pfeiler) oder eine Stütze und eine Wand verbindet  
  H a e h l e r Prediger in Marienburg (1768-1841), machte sich bei der 1. Wiederherstellung der Burg sehr verdient, indem er die Urkundenbestände des Königsberger Staatsarchivs für dieBaugeschichte verwertete und archäologische Beobachtungen und Untersuchungen von bleibendem Werte anstellte  
  K ä m p f e r Gesims oder Querholz, Auflager eines Bogens  
  K a p i t ä l Säulenknauf, oberer Abschluß einer Säule  
  K a r w a n orientalisch, Zeughaus  
  Kniechela Knieschutz  
  Ko m t u r lat. commendator, Verwalter oder Amtsträger des Ritterordens  
  K o n v e n t Versammlung von Ordensbrüdern  
  K u m p a n zuerst ein, später zwei ständige Begleiter des Hochmeisters  
  L a n d m e i s t e r Gebietiger über einen größeren Landbezirk des Ritterordens  
  L e h r b o g e n Holzgerüst, auf dem ein Mauerbogen oder eine Gewölberippe gemauert wurde. Wurde nach Abbinden des Mauerwerks wieder entfernt  
  L e i b u n g innere Fläche in Bogen, Fenstern und Türen.  
  L e n t n e r ärmelloser, hemdartiger Rock aus Leder  
  M a rk preußisch oder kulmisch, Münzeinheit im Ordensland, 1/2 Pfd. Silber  
  M a ß w e r k gotische Schmuckform, als Fensterfüllung verwendet  
  P a r c h a m orientalisch, Zwinger, der Raum zwischen der Burg und der Wehrmauer  
  Po g e s a n i e n auch Hocker- oder Oberland, altpreußische Landschaft, östl. der Weichselniederung  
  Polygon Vieleck  
  R e m t e r von Refektorium, Speisesaal in Klöstern; Versammlungsraum  
  S c h i l d b o g e n Durchdringung eines Gewölbes mit einer Mauer  
  Scot 1/24 Mark Silber  
  Seiger Uhr  
  S o l i d u s Abkürzung sol., auch Schilling, 1/60 Mark Silber  
  T a g f a h r t Sitzung, Versammlung  
  T o r z w i n g e r seitlich von Wehrmauern begrenzter Raum vor dem Burgtor  
  S t u r m s t a n g e eiserne Querstange zur Versteifung der steinernen Fensterpfosten.  
V i e r p a ß Teil des Fenstermaßwerks, vier Kreisbögen
W a n d a r k a d e n Aneinanderreihung von Bogennischen
W e r d e r Flußinsel; hier die unter Wasser stehenden oder sumpfigen Gebiete im Weichseldelta, die unter dem Orden in fruchtbares Ackerland verwandelt wurden
W i m p e r g in der gotischen Baukunst: Ziergiebel

ENDE