Waffen
der preußischen Armee

 

 

 
 

17./18. Jahrhundert

 

Degen

Die langen Griffwaffen mit gerader Klinge hatten sich aus dem mittelalterlichen Schwert weiterentwickelt. Die Verbesserung der Stahlqualitäten und die damit verbundenen elastischeren und auch leichteren Klingen führten zum Degen. Der Degen gehörte von Anfang an zur Bewaffnung des Fußvolks. In Brandenburg-Preußen hatte jeder Infanterist bis 1715 einen Stoßdegen. Allgemein waren die Klingen der Dienstwaffen etwa 85 cm lang. Bei der Typenwahl des Gefäßes spielte einmal die leichte Handhabung, aber auch das Schutzbedürfnis eine Rolle. Regulärer Nachfolger des Schwertes wurde der Reiterdegen, der in der Regel 90 cm lang war. Ab 1732 gab es ein einheitliches Modell für die Kürassiere, ab 1735 auch für Dragoner.

 

Säbel

In Preußen erhielten die 1721 errichteten Husaren aus der Potsdamer Manufaktur einen Säbel nach ungarischem Vorbild, bei der die Klinge 80 cm lang war und zwei Hohlkehlen besaß. Das Gefäß bestand aus Eisen. Die Offiziere hatten sich ihre Säbel selbst zu beschaffen. So waren sie recht unterschiedlich, vor allem bei der Ausgestaltung des Gefäßes und des Scheidenbeschlages. Im Prinzip waren die Säbel aller leichten Reiter Europas in dieser Zeit recht gleichförmig. In den letzten Jahren dieses Zeitraums tauchten zunehmend Reiterdegen auf, die als Übergang zum Säbel leicht gebogene Klingen besaßen. Auch bei der Infanterie sollte sich der Säbel, wenn auch mit verkürzter Klinge durchsetzen. Prototyp wurde der im Jahre 1715 eingeführte preußische Infanteriesäbel. Ursprünglich war seine Klinge 58 cm lang, sie wurde 1744 um 6 Zoll (etwa 15 cm) gekürzt.

 

Pike

Die Unteroffiziere der preußischen Armee trugeb zunächst Hellebarden, dann das nur 2,35 m lange partisanenartige Kurzgewehr alter Art, das nach 1740 bei den Regimentern, die für das erste Treffen der Schlachtordnung vorgesehen waren, durch das über 3 m lange Kurzgewehr neuer Art abgelöst wurde. Fällten die hinter den drei fest aufgeschlossenen Gliedern stehenden Unteroffiziere diese Waffe, sollte die Spitze noch vor das erste Glied ragen. Bei den Grenadieren erhielten die ältesten Unteroffiziere einer jeden Kompanie 1756 eine noch längere, etwa 4 m lange Pike, die, weil Grenadiere ja keine Fahnen hatten und somit im Pulverqualm der Richtungspunkt fehlte, in der Mitte der Bataillonsaufstellung standen und so die Fahnengruppe vertraten. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden diese Kurzgewehre von Offizieren und Unteroffizieren vielfach abgelegt, man trug dann Bajonettgewehre.

 

Bajonett

Mitte der zweiten Hälfte des 17. Jhrds kamen als neue und besondere Blankwaffen die Bajonette hinzu. Eigentlich sind sie aber Bestandteile des Feuergewehrs. Doch gab ihr Erscheinen neben der technischen Verbesserung der Feuerwaffen den entscheidenden Grund für das Verschwinden der Piken. In Preußen wurden die letzten auf den Gewehrlauf aufschiebbare Bajonette 1705 abgelegt. Um das Jahr 1700 tauchten dann Tüllenbajonette mit einem horizontal abgeknickten Arm auf, der nun auch das Laden des Gewehrs bei aufgesetztem Bajonett ermöglichte. Waren solche Flinten vorhanden, verschwanden die Schweinsfedern aus den Heeren. In Preußen waren Bajonette vor 1728 relativ schwach, spitz und messerartig, danach ebenfalls dreischneidig mit einer Klingenlänge von 43 bis 44 cm. Unter Friedrich dem Großen sollen dann die ersten beiden Glieder längere Bajonette erhalten haben. 

 

Muskete

Schon zu Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte sich als Hauptwaffe das Feuergewehr mit glattem Lauf herausgebildet. Es war eine Waffe, bei der die Kugel von vorn, also von der Laufmündung her eingebracht wurde. Die dafür benutzte Kugel mußte kleiner sein als der Laufinnendurchmesser, folglich selbst in den Lauf rollen. Die Masse sollte die fehlende Qualität des Einzelschusses ersetzen. Zunächst hieß das glatte Gewehr des Infanteristen allgemein noch Muskete, nach der Annahme des Steinschlosses dann Flinte (fusil). Dieser Name war vom Feuerstein, dem Flintstein abgeleitet, der zur Erzeugung des Zündfunkens diente. Je schneller und je mehr man schoß, desto größer schien der Erfolg zu sein. Die "Musketiere" wurden während des Ladens und im Nahkampf von Pikeniers gedeckt.  

 

gewehr.jpg (29069 Byte)

Gewehr

In Preußen führte man vor 1700 eine Steinschloßflinte ein, ein neues Muster gab es unter Friedrich Wilhelm I., als ab 1713 aus Lüttich Gewehre gekauft wurden. Nach gleichem Muster wurden dann ab 1723 in Potsdam eigene Gewehre gebaut. Man versorgte die eigene Armee, arbeitete aber auch für den Export. Das Muster von 1740 mit seinem als »Kuhfüß« geformten Schaft blieb maßgebend für die Zeit des Siebenjährigen Krieges und danach. Erst 1780 und 1787 kamen neue Modelle. Je schneller und je mehr man schoß, desto größer schien der Erfolg zu sein. Dieses Bestreben sollte das Merkmal des gesamten Zeitalters werden. Stationen dazu waren schnelleres Laden durch die Papierpatrone, bessere Zündweise durch das Steinschloß, gefälligere Schäftung, stählerne Ladestöcke, zuletzt in zylindrischer Form, und schließlich das konische Zündloch. Zu diesen technischen Verbesserungen trat ein unablässiges Üben, ein maschineller Drill.

Die wirksamen Schußweiten lagen kaum über 300 m, nur auf kürzere Entfernungen waren die Schußergebnisse zufriedenstellend. Die Fortschritte in der Waffentechnik betrafen auch nur einzelne Bereiche. Nach preußischen, bayerischen und französischen Versuchen war die Treffähigkeit auf eine Pelotonfront, also Abteilung zusammen schießender Soldaten (dargestellt an einer Scheibe von 30 m Länge und 2 in Höhe), bei 75 m Entfernung = 60 Prozent, bei 150 m = 40 Prozent, auf 225 m noch 25 Prozent und auf 300 m gar nur 20 Prozent der abgegebenen Schüsse.

Zunächst kopierte man im Gewehrbau noch die traditionelle Form der Luntenmuskete, ging aber schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts schon deutlich zur späteren Kolbenform über, wenn diese auch noch klobig aussah. Schaft und Kolben wurden immer graziler, um in der Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer Sonderform auszuarten. Für den Exerzierdienst und die Parade galt es als elegant, das Gewehr steil zu halten. So gab man den Kolben eine steile Schäftung und ließ die Nase nach oben weit ausschweifen, der sogenannte »Kuhfuß« war entstanden. Für Waffen aber, bei denen Zielen Sinn hatte, wie bei den Büchsen, waren die Kolben richtig abgesenkt. So erhielten auch die Ende des 18. Jhds neu eingeführten Waffen wieder eine vernünftige Kolbensenkung.

Bei allen Waffen wurde die im Rohr steckende Ladung von außen durch ein durch die Rohrwandung führendes Zündloch gezündet. Anfänglich gab es ausschließlich das bewährte und relativ einfache Luntenschloß. Bei ihm wurde durch Druck auf den Abzugshebel das im Hahn eingeklemmte, glühende Luntenende auf die Pfanne mit dem Zündpulver gebracht. Die Lunten bestanden aus Hanfwerg, der durch Tränken in Lösungen so hergerichtet war, daß er leicht Feuer fing und ruhig und gleichmäßig fortbrannte. Dabei sollte eine harte, glühende Kohlenspitze entstehen. Um schußbereit zu sein, brauchte man ständig eine brennende Lunte. Da diese in einer Stunde aber bis 28 cm abbrannte, war es eine teure Angelegenheit, besonders beim Wachestehen. Auf dem Kriegsmarsch ließ man daher in zwei Rotten nur einen Mann mit einer brennenden Lunte marschieren. Weitere Nachteile waren, daß die Pferde scheuten und die glimmende Lunte bei Dunkelheit verräterisch wurde und sie zudem »gerochen« werden konnte.

Diese Nachteile suchte man durch Zündungsarten aufzuheben, die erst dann einen Zündfunken erzeugten, wenn der Schuß abgegeben werden sollte. Vorbild waren die schon länger bekannten Feuerzeuge, die einen Funken durch Reißen oder Schlagen an Stahl abgaben. Mit dieser Zündungsart wurde die Feuerwaffe auch für Reiter brauchbar. Mit Hilfe einer Arretierung wurde es festgehalten, bis man den Abzug betätigte. Durch die Federkraft konnte sich nun das Rad so kräftig drehen, daß es von einem in den Hahn eingespannten Schwefelkies die Zündfunken riß. Das geschah schon in der Zündpfanne und führte so unmittelbar zur Zündung. Vorteile waren, daß man ohne Lunte immer feuerbereit war und der Schuß ohne Verzögerung losging. Der Nachteil war die komplizierte Bauart mit dem dadurch bedingten hohen Preis und das schnelle Verschmanden des Schlosses mit Pulverschleim, wenn viel geschossen werden mußte. Auch dauerte der Ladevorgang relativ lange, weil erst mit dem Schlüssel das Schloß gespannt wurde. Weil bei der Reiterei ohnehin nicht viel geschossen wurde, hielt sich dieses Schloß bei allen Reiterwaffen, bis es zum Beginn des 18. Jahrhunderts allmählich durch das Steinschloß abgelöst war. Nach einem Musterungsbericht von 1682 hatte das brandenburgische Regiment Anhalt zu Pferde in drei Kompanien noch zu drei ‘Vierteln, in den anderen Kompanien noch zu neun Zehnteln Radschloßwaffen.

Eine zweite Schloßart entwickelte sich aus dem Schlagfeuerzeug, bei dem zunächst Schwefelkies, dann Hornstein (Feuerstein) gegen eine verstählte Fläche schlug. Der Schlaghahn mit dem Stein hatte unten einen Ansatz, gegen den die Schlagfeder drückte, aber auch eine Klaue, die durch eine bewegliche Nase abgestützt war. Gegenüber dem Hahn befand sich eine kippbare verstählte Fläche. Betätigte man den Abzug, zog sich die Nase in das Schloßblech zurück, und die Klaue fand keinen Halt mehr. So konnte die Feder den Hahn mit dem Stein gegen die Schlagfläche schlagen. Dabei entstanden kräftige Funken, die in die geöffnete Pfanne fielen und dort das Zündpulver entzündeten. Viele Musketen baute man um, indem man ihnen neue Schlösser gab, doch hatten nun alle Gewehre des Fußvolks das Steinschloß.

 

Karabiner

Bei den Reitern hatte jeder Mann eine Garnitur Feuerwaffen. Diese bestand aus einem längeren Rohr, in Deutschland Karabiner genannt, und einem Paar Pistolen, die zur Pferdeausstattung gehörten. Der Karabiner war leichter als das Infanteriegewehr und hatte auch ein kleineres Kaliber von etwa 17 mm. Zu Pferd wurde er zusammen mit dem Pflock an den Sattel gebunden. Brauchte man ihn zu Pferd, hängte man ihn mit einem Ring in den Karabinerhaken des Bandeliers. Daher hatten alle Reiterwaffen an der linken Schaftseite eine eiserne Laufstange, auf der dieser Ring lief. Auf die Dragonerkarabiner konnte ein Bajonett aufgepflanzt werden, Husarenkarabiner waren kürzer. Als Schloß hatten Reiterwaffen zuerst nur Radschlösser, die im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts allmählich vom Steinschloß verdrängt wurden.

Nahezu alle Verbesserungen des Gewehrs hatten den Zweck, das Laden zu beschleunigen. Im Durcheinander des Gefechts und bei der engen Aufstellung konnte beim schnellen Laden der hölzerne Ladestock leicht brechen. Somit fiel der Soldat aus. So führte zuerst 1698 Fürst Leopold von Anhalt-Dessau bei seinem Regiment »eiserne« Ladestöcke ein. Das war eine relativ teure Angelegenheit, weil das normale Schmiedeeisen zu weich war und sich leicht verbogen hätte. So mußte man den seltenen, teuren Stahl nehmen. 

Als Sonderwaffen galten Feuerwaffen mit gezogenem Lauf, die Büchsen. Zunächst brachten sie fallweise die Jäger selber zum Dienst mit, ab Mitte des Jahrhunderts begann sie auch der Staat als Militärwaffe zu liefern. In einigen Staaten erhielten Unteroffiziere oder besondere Schützen gezogene Gewehre, wie in Preußen seit 1787 breitere Kopf konnte aus Schmiedeeisen sein. Deswegen mußte beim Laden der Stock beim Herausziehen und beim Einstecken jeweils gewendet werden. Schon im Jahre 1718 war aber die ganze preußische Infanterie mit solchen Stöcken ausgerüstet, ja ab 1733 übte man damit sogar das Laden mit aufgepflanztem Bajonett. Die Erfolge dieser Maßnahme brachten auch die anderen Staaten zur Nachahmung.  Um aber das zweimalige Wenden des Stockes beim Laden einzuschränken, wurde in Preußen auf Vorschlag des Leutnants Freytag im Jahre 1773 ein Ladestock eingeführt mit zwei gleichstarken Enden. Dieser sogenannte »zylindrische« Stock wog an 0,5 kg und erforderte eine breitere Stocknut mit dickeren Schäften. Als weitere Verbesserung betrachtete man das 1781 auf Vorschlag des Herzberger Büchsenmachers Franke eingeführte trichterförmige Zündloch. Dadurch und durch die Umgestaltung der Schwanzschraube, die innen eine schräge Fläche erhielt, konnte das aus der Patrone in den Lauf eingefüllte Pulver sofort auch in die geschlossene Zündpfanne laufen, so daß die besondere Pulveraufgabe auf die Pfanne wegfiel. Mit dem so eingerichteten Gewehr konnte dann ein gutgeübter preußischer Soldat in einer Minute sechsmal schießen. 

Bei derartigem Schnellfeuer erhitzten sich die Läufe so stark, daß für den Schützen an der linken Hand ein lederner Brandriemen notwendig wurde. Als Zubehör kam in dieser Zeit ein Regendeckel, wegen seiner Form auch »Mausefalle« genannt, hinzu, der das empfindliche Schloß schützen sollte. Daneben gab es lederne Pfannendeckel, um ein unbeabsichtigtes Losgehen zu vermeiden, und hölzerne Gewehrpropfe für die Mündung. Jeder Soldat führte zwei Ersatzfeuersteine, ein Lederfutter oder Bleistreifen, um den Stein zu fassen, und hölzerne Exerzierpatronen mit.

Eine besondere Bedeutung hatten die Feuersteine. Selbst ein guter Stein vertrug nur bis zu 50 Schuß. Hauptproduzent war Frankreich, daneben Galizien und England. In besonderen Werkstätten wurde der Stein noch bodenfeucht gespalten und geschlagen, nach Größen geordnet und in Fässern versandt.

Die Kugeln bestanden aus Blei. Man brauchte Formen, in denen gleichzeitig 10 bis 20 gegossen werden konnten. Die Gußhälse mußten abgekniffen werden. Zunächst band man die Kugeln mit dem Gußhals in die Patrone ein, erkannte aber, daß ganz rund ballistisch vorteilhafter war. So füllte man die Kugeln in Fässer und ließ diese lange rollen oder füllte sie in Ledersäcke zum Stauchen. Dadurch sollten die beim Abkneifen stehengebliebenen Gußhalsreste plattgeschlagen werden. Ein wesentlicher Schritt zur Beschleunigung des Ladens geschah schon, als man die Bestandteile der Ladung, Kugel, Pulver und Abdichtung zur Patrone zusammenfügte. Ein Gewehr kostete in friederizianischer Zeit ca. 3 Thaler.


Kanone


Haubitze


Mörser

Kanone, Haubitze und Mörser

In Preußen bestand 1740 die Feldartillerie nur aus vier Kanonenkalibern (24-, 12-, 6- und 3pfündig), einer 18pfündigen Haubitze und noch 50- und 75pfündige Mörser, ab 1742 auch noch einer 10pfündigen Haubitze. Die schwereren Kanonen waren meist Kammerstücke, ihre Erfolge wurden noch 1745 bei Hohenfriedberg sehr gerühmt. Im Siebenjährigen Krieg gab man wegen der schwierigen Ladeweise diese Kammerstücke auf und ließ die schweren 24pfünder zu Hause. Die von Major Holtzmann 1740 vorgeschlagene Kastenprotze, die den ersten Munitionsbedarf enthielt, bewährte sich so, daß in den Jahren 1777/78 solche Protzen auch bei den 6pfündigen Kanonen und 7pfündigen Haubitzen eingeführt wurden. Alle Feldgeschütze hatten seit 1769 den Richtkeil mit horizontal liegender Schraube. Vom Jahre 1770 ab geschah dann der Umguß des Feldartilleriematerials. Bei den 12pfündern bestanden immer noch drei Arten mit 22, 18 und 14 Kalibern Rohrlänge, bei den 6pfündern mit 22 und 18 Kalibern Länge und bei den 3pfündern nur noch 20 Kaliber. Preußische Rohre trugen auf dem langen Feld als Zierat den königlichen Namenszug mit der Devise: ultima ratio regis, auf dem Bodenstück den Adler mit der Inschrift: pro gloria et patria. Die Henkel hatten eine Greifenform. Bei den leichten Mörsern war oft Rohr und Fuß zusammen in einem Stück gegossen. Solche Stücke bezeichnete man als »Schemel- oder Fußmörser«. Lafetten für Mörser gab es als Wandlafetten, aber auch als stabile Blocklafetten oder »Schleifen«.

Hängende Mörser haften stets Wandlafetten. Zum Transport des Wurfgeschützes benutzte man besondere Wagen. Um den Rohren eine bestimmte Erhöhung zu geben, nahm man zuerst nur Richtkeile, später auch Richtschrauben.

Zwischen den Mörsern und Kanonen standen die Haubitzen. Sie konnten schießen, aber auch werfen. So zählte man sie zum Wurfgeschütz und benannte sie nach den gleichen Grundsätzen wie die Mörser. Ihr »Wurf« war aber erheblich flacher und erreichte in der Regel gerade 40 Grad, meist weniger. Sie waren Kammerstücke, bei denen der Flug nicht länger als fünf bis sechs Kaliber war, damit man noch beim Laden mit ausgestreckter Hand die Kammer erreichen konnte. Haubitzlafetten entsprachen weitgehend denen der Feldkanonen.

Als Geschosse dienten den Kanonen in erster Linie Vollkugeln aus Gußeisen. Zur Bestimmung der Kugelgrößen gab es Kaliberstäbe, auf denen die Durchmesser der verschiedenen Arten eingeritzt waren, weiter runde Kugellehren, durch die eine Kugel gehen mußte, um brauchbar zu sein. Beim häufigen Gebrauch pflegte man solche Kugellehren in eine Tischplatte zu bauen, wodurch eine schnellere und praktischere Bestimmung möglich wurde. Die Kugeln lagerte man in den Zeughäusern zu Pyramiden aufgeschichtet. Der Kugeldurchmesser hieß das Kugelkaliber. Dieses war immer kleiner als das Rohrkaliber. Den Abstand zwischen beiden Kalibern nannte man Spielraum. Dieser war notwendig, um auch noch nach mehreren Schüssen leicht laden zu können, denn der Pulverschleim verkrustete beim Schießen zunehmend das Rohr. Der Spielraum betrug bei Feldgeschützen meist bis 2,5 mm, bei Festungskanonen an die 3,5 mm und wurde im Laufe der Zeit immer kleiner. Eine 6pfündige Kanone kostete ca. 880 Thaler,

 

1. Hälfte 19. Jahrhundert

Die Hieb- und Stichwaffen änderten sich wenig im Laufe des 19. Jhdts. Länger und stabiler als der leichte Degen der Offiziere blieb die Waffe der schweren Kavallerie:

Degen

Der Reiterdegen, damals auch Pallasch genannt. Für ihn war seine etwa 95 bis 100 cm lange gerade, einschneidige, nur an der Spitze zweischneidige Klinge charakteristisch, mit ihrer doppelten Hohlkehle zudem deutlich leichter. Das Gefaß bestand aus einem runden Griffbügel mit drei Terzspangen, das am Stichblattende einen gebogenen Rand besaß, um ein Abgleiten der gegnerischen Klinge zu verhindern. Maßgebend für die nun gebrauchten Muster wurde der französische Kürassier-Degen, den in gleicher oder ähnlicher Form auch Preußen, Rußland und Bayern führten. Der in Preußen bis zum Jahre 1876 benutzte Kürassierdegen M 1817 bestand aus solchen Originalstücken aus französischer Produktion, die als Beutestücke behalten wurden.

 

Säbel

Die üblichen Reitersäbel entsprachen dem traditionellen ungarischen Typ mit seiner breiten, etwa 80cm langen Klinge und der relativ großen Krümmung ( Pfeilhöhe etwa 50 bis 80 mm). Es war eine einschneidige Rückenklinge mit flachen Hohlkehlen, nur an der Spitze zweischneidig (Schör). Das Gefäß bestand aus einem oben nach vorn gezogenen Holzgriff, der mit Leder oder Draht bewickelt war. Oben saß eine Griffkappe, unten eine Parierstange mit Griffbügel, an der Parierstange Mitteleisen zum Halten, bei den älteren Holzscheiden, bei Eisenscheiden nur noch Lappen. Ein typischer Vertreter war der preußische Kavallerie-Säbel M 1811, der sogenannte »Blüchersäbel«.

Auch bei den Offizieren der leichten Infanterie, der Jäger, Schützen und der Füsiliere hatte sich als Seitenwaffe ein Säbel eingebürgert. Gegenüber dem Reitersäbel war dessen Klinge aber erheblich schmaler und leichter, ebenso das Gefäß.

Die unterschiedlichen Eigenschaften von Reiterdegen und stark gekrümmtem Säbel führten zu Versuchen, eine Waffe zu schaffen, die deren Nachteile weitgehend vermeiden und gleicherweise zu Hieb und Stich geeignet sein sollte. Solche Konstruktionen, die entweder als Reiterdegen mit geringer Krümmung oder Reitersäbel mit Pfeilhöhen von nur etwa 20 mm bezeichnet werden können. Preußen führte diese Waffe mit dem Kavalleriesäbel M 1852 ein.

Gewehre

In Preußen war die Masse der Infanterie mit dem im Jahre 1782 festgesetzten Gewehr bewaffnet. Diese Waffe war nach Kriegserfahrungen für eine höchstmögliche Feuergeschwindigkeit mit gut exerzierter Mannschaft gedacht. Der Lauf wurde in damals üblicher Art mit Stiften am Schaft befestigt, das Schloß war das normale Steinschloß. Gegenüber anderen Gewehren gab es aber zwei wesentliche Unterschiede: Einmal besaß der sogenannte »zylindrische« Ladestock zwei gleich starke Enden, so daß man sich das damals übliche »Wenden« des Stockes beim Laden ersparen konnte. Dann war das Zündloch konisch gebohrt, sein erweitertes Ende begann schon in der nun verlängerten Schwanzschraube. Es ließ beim Laden das durch die Laufmündung eingebrachte Pulver gleich wie durch einen Trichter in die Zündpfanne rieseln. Damit entfiel das gesonderte Aufschütten des Zündpulvers auf die Pfanne. Mit einer solchen Waffe waren dann bei gutgedrillter Mannschaft Höchstleistungen im Schnellfeuer zu schaffen.

Gleichzeitig brachten diese Verbesserungen aber auch schwerwiegende Nachteile mit sich. Einmal brauchte man für den neuen Ladestock viel breitere Stocknuten, also auch stärkere Schäfte, die Waffe wurde schwer und klobig. Dann vergrößerte sich die engste Stelle des trichterförmigen Zündlochs recht schnell, weil die Kraft der treibenden Pulvergase ganz besonders hier wirksam wurde. Damit ging auch ein Teil des Druckes für das Treiben der Kugel verloren und gefährdete zudem als Feuerstrahl die nebenstehenden Schützen. So wurde als Schutz eine Blechabdeckung, der Feuerschirm, notwendig, außerdem ein lederner Brandriemen, um beim schnellen Erhitzen des Laufes beim Schnellfeuer die Hand des Schützen vor Verbrennungen zu schützen. Dazu kam, daß durch das ständige Blankputzen der Waffen die Rohrwandungen immer dünner, die Schloßteile wackliger wurden. Trotz Verbotes löste man auch die Schrauben ein wenig, weil dann beim Exerzieren die Griffe gut zu hören waren, was als »stramm« galt. Obwohl also die Waffe aufgrund ihrer Konzeption vorzüglich sein sollte, war sie aber schon über zwei Jahrzehnte im Dienst und demzufolge verbraucht.

Zur Bewaffnung der seit 1787 für das zerstreute Gefecht eingeübten Füsiliere bestimmte man ein eigenes Gewehr. Dessen Kaliber hielt sich schon an der untersten Kalibergrenze von etwa 18 mm, auch die Kolbensenkung war schon stärker als üblich.

Ein entscheidender Schritt nach vorn und ein Wechsel der gesamten Bewaffnung sollte das im Jahre 1801 von der Prüfungskommission unter General Rüchel angenommene kleinkalibrige Gewehr werden. Diese Waffe hatte ein Laufkaliber von nur 15,7 mm, ein Kugelkaliber von 15 mm und damit einen für die damalige Zeit überaus knappen Spielraum. Die Senkung des Kolbens mit angearbeiteter Backe und die Anbringung einer kompletten Zieleinrichtung mit Kimme und Korn erlaubte einen richtigen Anschlag und Zielen. Gegenüber dem Vorgänger wurde etwa ein kg Gewicht gespart, obwohl man auch hier das konische Zündloch und den zylindrischen Ladestock beibehielt. Da auch die Treffleistungen recht gut waren, stellte es das modernste Infanteriegewehr seiner Zeit dar. Doch bei Ausbruch des Krieges von 1806 gab es so wenige davon, daß nur die Bataillone der Garde damit ausgerüstet waren.

Nach dem Zusammenbruch war die Masse der Waffenbestände Preußens in Feindeshand oder unbrauchbar. So blieb dem preußischen Staat nur die Möglichkeit, die noch brauchbaren Waffen auszusuchen, bei schadhaften die unbrauchbaren Teile durch andere, vorhandene zu ersetzen oder gar Waffen aus Teilen verschiedener Herkunft zusammenzubauen. Solche Arbeiten wurden in vielen Teilen des Landes durchgeführt. Was nicht paßte, wurde passend gemacht, wie zum Beispiel bei einer Lieferung etwas zu kurzer Ladestöcke. Es findet sich eine Notiz von der Hand Scharnhorsts: »Wenn die Längen ungleich sind, so muß man sie gleich machen, und das kann nur geschehen, daß man sich nach der Kürze richtet.

Gleichzeitig setzten aber auch Überlegungen und Versuche ein, um ein neues, allgemein einzuführendes Modell zu schaffen. Sie erfolgte unter maßgeblicher Mitwirkung von Scharnhorst und seiner Mitarbeiter durch die Einführungsorder von 1808. Die Waffe wurde als »Neupreußisches Gewehr« bezeichnet und wird heute meist kurz M 1809 genannt. Wesentliche Teile waren dem französischen Gewehr nachempfunden.

Das Kaliber nahm man wieder größer, um noch die vorhandene Munition gebrauchen zu können und Austausch mit anderen möglich zu machen. Das Schloß war sehr kräftig gebaut und besaß wie das französische einen herzförmig durchbrochenen Hahn und Messingpfanne, behielt aber das preußische konische Zündloch, den Feuerschirm und einen beidseitig gleich starken Ladestock, der aber, um Gewicht zu sparen, in der Mitte stärker verdünnt war. Der‘ Schaft aus Rotbuche hatte eine brauchbare Kolbensenkung sowie eine Aushöhlung für die Wange. Das Bajonett wurde nach österreichischer Art befestigt, indem eine unter dem Lauf angebrachte Blattfeder in eine Aussparung des Tüllenwulstes griff. Von dieser Waffe gab es bis zum Jahre 1813 zwar erst an die 50.000 Stück für die Linientruppen. Sie blieb aber, wenn auch später zur Perkussionszündung aptiert, immerhin fast 50 Jahre im Truppendienst.

Die erste Änderungswelle erfolgte in den 40er Jahren mit dem Umbau des Zündsystems von Steinschloß zur Perkussion, die zweite um das Jahr 1855 bezog sich auf das Einbringen von Zügen in die bisher glatten Läufe und den dadurch notwendig gewordenen Anbau leistungsfähigerer Visiereinrichtungen in der gleichzeitigen politischen Notsituation wurden so allein in Preußen binnen Jahresfrist 300.000 glatte Gewehre M 39 in gezogene M39/55 umgewandelt. In der Mitte des Jahrhunderts bestand die Bewaffnung fast ausschließlich noch aus den glatten Vorderladewaffen, wenn auch schon mit Perkussionszündung (Chlorkali oder Knallquecksilber). Unter Schlagwirkung erzeugte es einen kräftigen Feuerstrahl  Dieser in ein kupfernes Zündhütchen gefüllte chemische Stoff wurde auf das Piston (Zapfen) am Gewehrschloß gesetzt, das der Länge nach durchbohrt war, um den Feuerstrahl durch das Zündloch des Laufes zur Treibladung zu leiten.

Abgesehen von wenigen Waffen, vor allem bei der Kavallerie, die noch die alte Steinschloßzündung besaßen, hatten sich die »chemischen« Schlösser durchgesetzt. Die Funktion solcher Schlösser war sehr zuverlässig.

Bis zum Jahre 1853 wurden davon etwa 240.000 Stück gebaut. Man gab die ersten aber nicht vor 1848 an die Truppe aus. Weil aber gleichzeitig auch schon die ersten Zündnadelgewehre zur Verfügung standen, blieb die Masse in den Zeughäusern, dort mit einem gezogenen Lauf ausgestattet, verblieben sie als Reserve. 

Kanonen und Haubitzen

Preußen besaß zunächst sein altes Material mit 12-, 6- und 3pfündigen Kanonen sowie 7- und 10pfündigen Haubitzen. Nach den starken Verlusten in den Kriegsjahren 1806/07 führte man auch viel fremdes Material, das aber ab 1816 aus dem Feldetat entfernt wurde. Es blieben 12- und 6pfündige Kanonen sowie 10- und 7pfündige Haubitzen in der Ausrüstung, die alle mit den leichteren eisernen Achsen versehen waren. Nach langen Versuchen beschloß man 1842 ein neues leichteres System, das nur noch aus 12- und 6pfündigen Kanonen und der 7pfündigen Haubitze bestehen sollte. Doch erst im Jahre 1853 waren die letzten alten Geschütze aus der Feldartillerie ausgeschieden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß — abgesehen von Sonderaufgaben —bei der Feldartillerie nur noch zwei Kanonenkaliber und ein Haubitzkaliber übriggeblieben sind.

In Preußen kostete im Jahre 1815:

die dreipfündige Kanone mit 6 Pferden 1542 Taler
die sechspfündige Kanone mit 12 Pferden 2635 Taler
die zwölfpfündige Kanone mit 22 Pferden 4251 Taler
die siebenpfündige Haubitze mit 14 Pferden 2408 Taler.

 

2. Hälfte 19. Jahrhundert

gewehr5.jpg (63686 Byte)
Zündnadelgewehr

Den Auftrag zur Fertigung von 60.000 Zündnadelgewehren erteilte König Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1840. Dafür errichtete Dreyse mit Hilfe von Staatskrediten seine Gewehrfabrik in Sömmerda. Die Produktion lief nur langsam, die fertigen Waffen gelangten sofort in das Berliner Zeughaus. Aus Gründen der Geheimhaltung wurden sie dort zunächst als »leichtes Perkussionsgewehr« bezeichnet, nur die Arbeiter in Sömmerda wußten genaueres. Bis zum Zeughaussturm in den Wirren des Jahres 1848 blieb das Geheimnis gewahrt, dann fand eine Reihe von Waffen den Weg ins Ausland. Nun erhielten die Füsilierbataillone das neuartige Gewehr, das seinen ersten Einsatz bei der Niederschlagung der Aufstände in Dresden, dann in der Pfalz und in Baden erlebte. Natürlich erweckte Dreyses Hinterlader das Interesse der militärischen Fachwelt.

Prinzregent Wilhelm ordnete an, die gesamte Armee mit Zündnadelwaffen auszustatten. Im Jahre 1855 erhielt die Waffe in Preußen die offizielle Bezeichnung »Zündnadelgewehr M 41«. Entsprechend der Verschiedenartigkeit der Verwendung entstanden nach diesem System unterschiedliche Modelle und Abarten: für die Jäger und Schützen nacheinander die Büchsen M 49, M 54 und schließlich M 65; für die Füsiliere das Füsiliergewehr M 60, womit diese bis 1863 ausgerüstet waren, und dann das neue Modell M 62, das Verbesserungen erhielt, aber erst 1867 zur Ausgabe an die Truppe kam. Die Sonderwaffen erhielten eigene Modelle, auch ältere Vorderlader, vor allem Büchen wurden als Defensionsgewehre mit Dreyseverschluß ausgestattet.

Kanonen und Haubitzen

Um die Jahrhundertmitte hatten zumindest die Feldartillerien ein großenteils neugeschaffenes, erleichtertes Material an altbewährten glatten Geschützen, bei denen sowohl Wirkung als auch Beweglichkeit recht ausgewogen berücksichtigt waren. Die Mehrzahl der Artilleristen glaubte noch, mit nicht weniger als drei Typen, zwei Kanonen und einer Haubitze, auskommen zu können. Das zeigt recht deutlich die Auswahl der mit dem preußischen System C 42 festgelegten Geschütze, die in anderen Staaten ähnlich war.

Als aber die Infanterie mit ihren neuen, gezogenen Gewehren infolge stark gesteigerter Treffähigkeit und Reichweiten die Artillerie um ihre wirksamste Schußentfernung mit Kartätschen brachte und zudem gegenüber der neuen aufgelösten Gefechtsordnung der Vollkugelschuß nutzlos wurde, erkannten die Militärs, daß neue Wege beschritten werden mußten.  In Preußen verschob sich die recht frühe Beschäftigung mit einem kurzen Zwölfpfünder durch die Frage der Annahme gezogener Geschütze. Aber erst im Jahre 1862 wurde diese Waffe angenommen. Die Vollkugeln verschwanden ganz. Hauptgeschoß war eine Granate mit exzentrisch, ellipsoiden Hohlraum. Damit erzielte die Bedienung je nach Einsetzen des leichten Poles nach oben oder unten unterschiedliche Schußbahnen. In Anlehnung an die Erfahrungen mit dem Hinterladegewehr begannen dann in Preußen Versuche mit Geschützen, die eine gepreßte Geschoßführung besaßen. Anfänglich versah man glatte Rohre mit Zügen.

Die Versuche erfolgten zunächst mit Zwölf- und Vierundzwanzigpfündern, seit dem Jahr 1853 auch mit Sechspfündern. Sie erbrachten gute Ergebnisse, doch ein starkes Verbleien der üblichen Bronzerohre. Vom Jahre 1856 ab geschahen die Versuche mit den Kruppschen Gußstahlrohren. Darüber berichtete die Artillerie-Prüfungs-Kommission schon im Januar 1857: »Gußstahl ist zur Anfertigung gezogener langer Rohre ein Material, das durch kein anderes zu ersetzen ist.« Demgemäß erging 1858 der Beschluß, den Zwölf- und Vierungzwanzigpfünder für die Festungs- und Belagerungsartillerie einzuführen, gefolgt von der Anregung zu einem brauchbaren Feldgeschütz. Das Probeschießen am 7. Mai 1859 verlief so erfolgreich, daß der anwesende Prinzregent Wilhelm vom Fleck weg befahl, statt der vorgesehenen 100 Rohre gleich 300 zu bestellen.

Auch die Geschoßfrage wurde insoweit entschieden, daß Granaten, Schrapnells und Kartätschen vorläufig beibehalten werden sollten. Die Ausstattung von jeweils drei Batterien eines Feldartillerregiments mit modernen Sechspfündern anstelle der glatten Zwölfpfünder brachte schließlich den Durchbruch zum gezogenen Geschütz.

Diese sechspfündige Gußstahlkanone C 61 hatte 18 Parallelzüge und 9 cm Kaliber. Sie besaß einen Kolbenverschluß mit zwei Kolben. Zum Öffnen und Schließen waren zwei Mann, die voneinander unabhängig arbeiteten, notwendig, einen für den Querzylinder, den anderen für den Verschlußkolben. Dazu gehörten vier Handgriffe. Als Lafetten und Protzen gebrauchte man zunächst noch die umgeänderten älteren Muster, (Wandlafetten ohne Achssitze) die als C 49/61 und C 56/61 bezeichnet wurden. Dieses zwar wirkungsvolle, doch recht schwere Feldgeschütz suchte die Heeresleitung durch ein leichteres zu ergänzen.

Die Versuche ab 1861 erbrachten viele Verbesserungen, bis im Jahre 1864 das neue Modell genehmigt werden konnte. Das als CM bezeichnete Geschütz besaß ein vierpfündiges Gußstahlrohr mit nur 12 nach vorn verengten Keilzügen und 8 cm Kaliber. Dazu gehörte ein neukonstruierter Doppelkeilverschluß, der aus dem vorderen festen und dem hinteren beweglichen Keil bestand, die sich durch Drehen einer Kurbel gegeneinander verspannten. Zum Öffnen und Schließen brauchte ein Mann nur zwei Handgriffe. Die Liderung besorgte ein eingelegter Kupferring. Gleichzeitig gab es neuartige Lafetten mit je einem Achssitz beiderseits des Rahmens auf der Lafette.

Auch die Protze erhielt Lehnen, sodaß die fünf unmittelbaren Bedienungsleute auf dem Geschütz sicher mitfahren konnten. Damit wurde die bisherige Fußartillerie zur »fahrenden« und somit erheblich beweglicher. Auch bei häufigem Schußwechsel war bei diesem Geschütz kaum mehr ein Auswischen des Rohres notwendig, weil eine jeder Kartusche beigegebene Glyzerinkapsel beim Schuß für die erneute Einfettung des Rohres sorgte. Da diese beiden preußischen Feldkanonen mit verminderter Ladung auch den Bogenschuß ersetzen konnten, schieden die Haubitzen 1864 aus dem Feldetat aus.